Bildanalyse Tizian Mariä Himmelfahrt
Mariä
Himmelfahrt (Tizian)
Ölgemälde (Öl auf Holz), 1516-1518, Kirche Santa
Maria Gloriosa die Frari (Venedig), Höhe: 6.9 m Breite 3.6m (größtes
Altargemälde der Stadt), Tizians größtes gemaltes Werk
Aufbau des Bildes: 2 bzw. 3
Ebenen Figuren als übereinander gestaffelt ( Durchbrechung venezianische
Traditionen?)
1.
Rechteck:
erdgebundene, massig dichte Apostelgruppe (mächtige physische Darstellung
Widerhall Michelangelo Sixtinische Kapelle Werke?) ikonographische Bezüge zu
Raffael Farbigkeit
2.
Halbkreis:
Engelswolke, auf der Jungfrau Maria schwebt (+ Rahmen: Ewigkeit
symbolisierenden Ring)
3.
Ring
Ewigkeit: drastisch verkürzter Gottvater
Drang nach
Bewegung und Vereinigung (typisch Tizian): Durchbrechung
geschlossene Figurenreihe (sehnsüchtiges Drängen nach oben (Tizians Realismus:
Maria nicht emporschwebend, empor getragen (Dogma der körperlichen Aufnahme
Mariens in den Himmel), Ihre Aufwärtsbewegung Verdeutlichung Armbewegung des
gestikulierenden Apostels, Streben auf Maria (Mittelunkt) zu (heilige Männer,
jubelndes Spiel der Putten), Maria (ruhende Erscheinung) Arme geöffnet ->
Gottvater, Mutter Gottes Fülle und Identität Einzelwesen (Bewegung
durchströmten Gemälde) -> Kontrast gegen bewegte Umgebung (gegen Traube
Engeln) dar, Herausgreifen einzelner Person schwer Abhebung Maria))
-> Dreieck (Verbindung
Apostel, Jungfrau Maria, Gottvater)
Grundlinie zwischen rotgekleideten
Aposteln
Kombination zwei
Zickzack-Bewegungen:
starke, durchdringende
Bewegung (Rücken des Apostels - Mutter Gottes ausgestreckter Arm – Gottvater)
schwächere Gegenbewegung (links
unten - mit der ersten vereinigt -
Maria)
Koloristische
Gestaltung
Farbgebung: Bewegung, Charakter, Gefühl (intensive,
visionäre Erfahrung)
Rotgold
prägende Farbe: tiefe Rottöne, warmes Orange, leuchtendes Inkarnat, Gold (Hintergrund, venezianisches Mosaik, frühe
Ausbildung Ts?)
Farbgebung Mutter
Gottes: Blau Madonnenmantel: rotgoldene restliche Farben des Gemäldes Kontrast,
zieht Betrachter empor, individualisiert Madonna gegenüber Masse (weicher
wirkende dunklere Himmel auch Abgrenzung)
„Kunstgriffe“ Tizians
Nie zuvor verwendete
Kunstgriffe
fast
ohne Anwendung tatsächliche Perspektive trotzdem Bild dominierender Eindruck räumlicher
Weite
verschiedene Sektionen unterschiedliche Darstellungsperspektiven aber
durch überstrahlende Farbgebung zusammenhaltend
Befolgung Ansicht der Natur: Fokus entfernte Gegenstand-> alles näher
bei ihm liegende unscharf (Apostel breit und unscharf) -> scheinbarer
Abstand (andernfalls starke Größenunterschiede rot gekleidete Apostel nur
unwesentlich größer als die Mutter Gottes) Neue Art Monumentalmalerei:
Verkleinerung Engelsköpfe, Farbperspektive, Verschleierungsperspektive -> Hervorhebung Himmelstiefe Energische
Bewegungen -> neue Form des Hochaltars (Vorbild des gesamten Barock)
Licht
Hauptgruppe
sammelt Licht, Apostel trübes Licht –> Himmelfahrt Mariä noch imposanter (Unterschied
goldener Himmel und trübe Erde)
Beobachtung Tizian Raum- und Beleuchtungsverhältnisse der Santa Maria
Gloriosa dei Frari -> Anpassung an Räumlichkeit (Licht des Fensters Verstärkung
Dunkelheit unterer Teilbereich des Gemäldes -> Apostel oberflächlich
erscheinend; Lebendigkeit durch entstehende Schatte)
Religiöser Hintergrund
Himmelfahrt Mariens wichtig Franziskanerkirche Santa Maria
Gloriosa dei Frari während Geschichte (Grundsteinlegung am 15. August – Tag der
Mariä Himmelfahrt – des Jahres 1250)
Erneuerung Tizian Motivverarbeitung -> Darstellung der Mariä
Himmelfahrt in der Kunst Höhepunkt (andere Maler übernehmen neuartigen
Interpretation)
Entstehung und Provenienz
1516: Erster großer Auftrag religiöses Gemälde (Prior der Kirche):
Monumentale Mariä Verkündung
Marmorrahmen: Lorenzo Bregno (Tizian Gestaltung Unterweisung; Analyse
Raum- und Beleuchtungsverhältnisse im Kirchenschiff)
Großer Aufwand Tizian
Jahr 1518: Fertiggestellung
19. März 1518: Ausstellung in Kirche (Mönche des Ordens Kritik da zu
neuartig und Größe Apostel -> Angebot Karls V. -> Zustimmung Ausstellung
-> Erstaunen, Abneigung, Bewunderung)
1919: alter Platz in der Frari-Kirche
Bedeutung des Gemäldes
Große Bedeutung italienische Renaissance (Stanzen Raffaels, Fresken der Sixtinischen Kapelle Michelangelo, Höhepunkt Typos der Mariä Himmelfahrt, Beginn Phase der „großen
Altäre“ in Tizians Werk, Frühwerk Ende, Folgende Schaffensperiode viele weitere
Madonnendarstellungen, Erster großer Höhepunkt von Tizians Werk (Durchbruch), Führende
Maler der Stadt (unerfahren), Wendepunkt Geschichte sakraler
Kunst: Loslösung der Malerei aus der Macht der Kirche (neu ästhetische Gesichtspunkte, neuartiger
Typos des lebendigen, bewegten Hochaltars, der das gesamte Zeitalter des Barock prägen
sollte, unabhängigen und sich nicht an der Ikonenmalerei orientierend, viele
Nachfolger (Bsp. Rubens)
Rezeption
oft erwähnt, beschrieben und bewertet, unterschiedlich intensive Bewunderung
des „Monumentalwerks“, zeitgenössischen Bewertungen unterschiedlich (Konflikt Venezianische
Schule, florentinischen/römischen Schule)
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