Reiserbericht eines jungen Mannes 3 - Toledo 1925 (2014)


Toledo

Wir hatten beschlossen, die Osterfeiertage in Toledo zu verbringen. Wir wollten den Zug am frühen Nachmittag nehmen. Der Bahnhof war bevölkert von Menschen. Auf unserem Bahnsteig angekommen, mussten wir uns durch eine Traube Wartender kämpfen, um zu dem Platz zu gelangen, an dem wir in unserem Waggon steigen mussten. Hier merkte man nichts von der stechenden Hitze. Immer wieder ließ ein kalter Luftzug die Menge zusammenzucken. Vor uns lagen sich zwei Liebende in den Armen. Er küsste dramatisch die Tränen von ihren Wangen und man merkte, dass er auch mit diesen kämpfte. Wir standen stumm da und beobachteten die beiden. „Sie wissen, wie man liebte.“, sagte Tiff.

Der Waggon war voll von Menschen, die dem Fest, dass sie erwartete, entgegenblickten. Zur Verkürzung der Fahrt hatte eine Gruppe junger Madrilenos mit vino gefüllte Lederbeutel mitgebracht, die freundschaftlich in der Runde weitergereicht wurden. „Ich amüsiere mich prächtig, Jake Tiff genoss die Aufmerksamkeit der jungen Madrilenos und nahm ein paar kräftige Schlucke.“ Greta betrachtete, die vorbeiziehende spanische Landschaft durch die milchige Fensterscheibe.

Die Wände des kleinen Bahnhofs waren mit großen Fenstern versehen, die sich aus bunten Mosaiksteinen zusammensetzten. Die Halle erinnerte an eine Kathedrale. Leo streckte sich zufrieden und fuhr sich durchs Haar. Er dachte nicht mehr an den Verlust wegen des Rennens und auch nicht an seine Freunde, von denen ein Großteil Inhaber von Cervecerias waren, in denen er bis auf weiteres keinen Drink mehr aufs Haus bekommen werde.

Er hatte auf der Fahrt zwei Amerikaner aus Kansas kennengelernt und war, wie immer, wenn er Landsleute, bester Dinge. Noch dazu wusste ich, dass die Aussicht, ein paar Tage mit Tiff auf einer Finka zu verbringen, ihm zu guter Laune verhalf. Das Taxi, das wir zu der Finka, die Tiffs und Gretas Großeltern erbaut hatten, nehmen wollten, wurde uns von zwei Männern vor der Nase weggeschnappt. „Die Juden, habe schon gehört, dass sich hier einige herumtreiben sollen, dreiste Gestalten.“, murmelte Leo und deutete mit dem Kinn in Richtung des wegfahrenden Taxis. Greta verdrehte die Augen.

Das Haus lag auf einem Hügel nahe der Stadt, eingebettet in kleine Felder, die schon lange nicht mehr bewirtschaftet wurden. Pinien warfen lange Schatten über die der Natur überlassenen Flächen. Über die Veranda gelangen wir in eine angenehm kühle Halle, die abgesehen von einem schlichten Mobiliar wenig eingerichtet war. Gerade deswegen fielen die stattlichen Fotos Tiffs und Gretas Vorfahren auf, die in mit Keramikelementen verzierten Bilderrahmen an den Wänden angebracht waren. Eine Wendeltreppe führte hinauf in die Schlafzimmer. Tiff, die die Raumaufteilung übernommen hatte, teilte mir das Zimmer direkt über dem Eingang zu. Ich öffnete die Balkontür und schloss die Augen, um den ruhigen Augenblick auszukosten.

Leo hatte deutlich mehr Zeit als erwartet gebraucht, um seine Telefonate zu erledigen. So kam es, dass wir uns erst spät abends auf den Weg in die Stadt machten. Ich bestand darauf, für uns alle zu bestellen. Tiff und Leo einigten sich, abwechselnd die Weine zu wählen, was, bis auf einen, den Leo nach dem ersten Schluck auf den Boden spukte und sagte er, er würde nicht an einem Tisch sitzen bleiben, auf dem eine solche Flasche Wein stand, gut funktionierte. Es wurde ein amüsanter Abend. Der Kellner, der auch Inhaber der kleinen Taverne war, erklärte zu jeder Speise Herkunft der Zutaten und Zubereitung und wir hörten interessiert zu und gaben reichlich Trinkgeld.

Auf dem Weg zurück zur Finka war es schwer zu sehen, wo man hintrat und wir mussten vorsichtig und langsam gehen. Wir waren froh, als wir an der Brücke, die über den Fluss zu der Finka führte, angekommen waren. Hier war es heller, Das Mondlicht, das vorhin vergebens versucht hatte, zwischen den Bäumen, die auf beiden Seiten des Weges standen, hindurchzuscheinen, beleuchtete die Brücke, die, in das bläuliche Licht getaucht, märchenhaft über dem dunklen Fluss lag. Es war ruhig und nichts wies darauf hin, dass über diese am nächsten Tag mehrere hundert Toleredos schreiten würden, um die Auferstehung Jesu mit geschmückten Kreuzen und Statuen zu feiern. Leo hatte Tiff, die wegen ihrer Absätze Schwierigkeiten hatte, den steinigen Weg zu passieren, seinen Arm angeboten und nun, da sie schon auf der Brücke waren, gingen sie immer noch Arm in Arm ein Stück weiter vorne. Ich hörte Fetzen Leos Witze, die er ausschließlich nach reichlich Wein zum Besten gab. Greta und ich hatten kaum ein Wort gewechselt, seit wir zu zweit im Park gewartet hatten und nun, da uns die Dunkelheit nicht mehr voneinander trennte, gingen wir, von dem Mondlicht beschienen, als hätte jemand einen Scheinwerfer auf uns gerichtet, um uns bloßzustellen, schweigend nebeneinander her. Ich betrachtet sie von der Seite. Sie war merklich angespannt und schaute starr auf das dunkle Wasser. Mir fiel auf, dass sie sich, seit wir ins das letzte Mal gesehen hatten, verändert hatte. Ihr langes Haar war abgeschnitten. Ihre Lippen waren rot geschminkt. Ihre Wangen waren nicht mehr so voll und man erkannte den zarten Ansatz des hohen Wangenknochens, der ihr Gesicht fein und zerbrechlich wirken ließ. „Du bist schön geworden, Greta.“

Tiff, die, seit ich sie kannte, das Talent hatte, mehrere Gespräche gleichzeitig zu verfolgen, hatte mich auch gehört und drehte sich, den Lacher, der einem Leos Witzen galt, abrupt beendend, zu uns um. „Jake, ich bitte dich, mache dich nicht lächerlich. Du bist gealtert, zu einem Mann geworden, könntest ihr Vater sein, so sieht es zumindest aus, wenn man euch so sieht. Vater und Tochter, nicht Leo? Du setzt dem armen Ding nur Flausen in den Kopf, du betrunkener Hund.“ Ich war zu erstaunt über diesen unerwarteten Redeschwall, um zu antworten und doch nahm ich an, dass Greta Tiff auf unseren geringen Altersunterschied hinweisen würde. Greta hatte jedoch nicht einmal ihren Blick vom Fluss abgewandt. „Du machst sich wirklich zum Affen, Jake.“, zischte sie kaum hörbar. Leo versuchte, das unangenehme Schweigen zu brechen und zeigte mit dem Finger zum Geländer der Brücke, das, wie mir jetzt auffiel, mit einer Vorrichtung versehen war. Er begann zu lachen. Er hatte wirklich zu viel erwischt.

„Was glaubt ihr ist das, ha?“, fragte er laut, „Das ist damit die vom Krieg, die überlebt haben, die Soldaten, die es gesehen haben, nicht springen. Also nicht, dass es irgendwen juckt, wenn die nicht mehr sind. Sie sollen der ganzen Sache nur bitte nicht genau da ein Ende setzen. Wäre ja auch schade. Schade um die Aussicht. Die armen reichen Leute, die dann die schwimmenden Überreste in ihrem Blickfeld hätten.“

Er war mir unangenehm. Normalerweise vermieden wir solche Gespräche. Tiff und Greta hatten einen Onkel, der ebenfalls auf ihrem Anwesen lebte. Er hatte seine beiden Söhne und ein Bein verloren. Tiff schaute nur kopfschüttelnd in die Tiefe. „Das könnte ich nie. Also mich selbst - Sowas würde mir selbst nie in den Sinn kommen.“
„Menschen, die das denken, sind die Unglücklichsten.“, antwortete Greta.

Ich öffnete die Balkontür und ließ frische Luft in das Zimmer. Ich war froh, mich schlafen legen zu können.  Der Heimweg hatte mich müde gemacht. Ich hatte es mir gerade mit einem Buch, das ich auf einem Flohmarkt in Madrid erstanden hatte, einer Erstauflage Victor Hugos Kameliendame, auf dem Bett bequem gemacht, als es an der Tür klopfte. Ein vertrautes Klopfen. Ich kannte nur eine Person, die auf eine so fordernde Art um Einlass bat.

Sobald ich die Tür nur einen Spalt geöffnet hatte, schlüpfte Tiff ins Zimmer. Sie nahm mich an der Hand und zog mich zur Balkontür. Ich erkannte im Licht, dass durch das Glas auf sie fiel, dass sie bereits ein Nachthemd trug. Der Morgenmantel, den sie darüber gezogen hatte, war nicht geschlossen. Der Gürtel hing lose nach unten. Der Einblick, der einem gewährt wurde, löste in mir ein bekanntes Gefühl aus, wenn auch mit ungewöhnlich schwacher Intensität. Sie legte ihre Arme um meinen Hals, löste sich jedoch nach wenigen Sekunden wieder von mir und lehnte ihren Kopf gegen den Türrahmen. „Du bist mies, Jake. Ich dachte, du wärst rein und gut und jetzt sieh dich an. Kaum selbst kein Junge mehr, suchst du nach jenem Mädchen, dass dir deine verlorene Jugend zurückgibt. Früher hast du mich gebraucht. Ich habe dir das Gefühl gegeben, du wärest ein Mann. Du bist so schrecklich mies, Jake.“ Sie war zu einer mächtigen Gestalt geworden, die immer nähergekommen war, doch nun fiel sie zusammen. Ich nahm ihren Kopf in meine Hände. Ich küsste ihre die Tränen von den Wangen. Ich wusste, dies gäbe ihre die nötige Dramatik, sich zu beruhigen. „Das sind Hirngespinste Tiff. Du redest wirres Zeug, du weißt das.“ Sie nickte langsam. Ich wusste nicht, ob ich wirklich ehrlich gewesen war, doch was ich gesagt hatte, war gut. Ich sagte, ich werde sie zu ihrem Zimmer begleiten. Sie solle schlafen. Kurz bevor sie die Tür schloss, sah sie mich noch einmal an. Bis jetzt hatte sie länger andauernden Augenkontakt vermieden, doch nun fokussierte sie mich, als müsse sie sich mein Gesicht in seinen Einzelheiten merken, als hätte sie Angst, es aus dieser Nähe nie mehr sehen zu können. „Du fehlst mir Jake.“ Kaum hörbar schloss sie die Tür. „Gute Nacht, Tiff.“, murmelte ich leise.

In der Kirche war es kühl und ruhig. Ich hatte mich hierher zurückgezogen, bevor das Osterfest begann. Tiff hatte sich heute Morgen beim Frühstück von Greta für ihre Abwesenheit entschuldigen lassen, sie habe den spanischen Wein nicht vertragen und müsse sich für den Nachmittag ausruhen. Greta hat mich beobachtet, während sie die Nachricht überbrachte. Sie wusste immer mehr, als man annahm. Gleich nach dem Frühstück war ich hinunter in die Stadt gegangen. Ich hatte das Bedürfnis mir die Beine zu vertreten. Überall waren die Menschen mitten in den Vorbereitungen. Die Männer fuhren die aufwendigen Blumengestecke und aus Holz geschnitzten Statuen auf ihren Wagen auf den Platz vor der Kirche und die Mädchen saßen auf den Bordsteinkanten, flochten sich gegenseitig Zöpfe und bemalten ihre Gesichter mit Blumen. Ich war froh, dass ich in die Kirche gegangen war. Ich hatte das Gefühl, ich müsse beten. Ich betete für Tiff, Greta, für Leo, dass das nächste Rennen besser verlaufen würde und auch für mich. Eine Person hatte sich vorsichtig neben mich gehockt. Als ich aufsah, erkannte ich, dass es Greta war. Sie trug ein rosafarbenes Jersey Kleid, das kaum über ihre Knie reichte, und Blumen im Haar.

„Was machst du, Jake?“

„Ich bete.“

„Hör doch auf damit. Du glaubst ja doch nicht.“

„Aber ich würde gerne.“
„Aber du kannst nicht.“

„Ich wünschte ich könnte.“

„Weißt du, was dein Problem ist, Jake? Wer auch immer da oben ist“, sie deutete zur Decke, „Du sollst ihn um etwas bitten und du stellst Fragen und erwartest Antworten. Du wartest, dass dir von da oben jemand, wen und wie du zu lieben hast.“ Sie lächelte. Ich stand auf. „Und du junges Ding weißt Bescheid?“ „Manchmal denke ich das.“, antworte Greta ohne Zögern.

Ich lachte und wir verließen die Kirche, mein Arm auf ihren Schultern. Die Mittagssonne stand hoch am Himmel und die Jesus Figur stattlich auf ihrem goldenen Wagen. Das Fest konnte beginnen.

Toledo

Wir hatten beschlossen, die Osterfeiertage in Toledo zu verbringen. Wir wollten den Zug am frühen Nachmittag nehmen. Der Bahnhof war bevölkert von Menschen. Auf unserem Bahnsteig angekommen, mussten wir uns durch eine Traube Wartender kämpfen, um zu dem Platz zu gelangen, an dem wir in unserem Waggon steigen mussten. Hier merkte man nichts von der stechenden Hitze. Immer wieder ließ ein kalter Luftzug die Menge zusammenzucken. Vor uns lagen sich zwei Liebende in den Armen. Er küsste dramatisch die Tränen von ihren Wangen und man merkte, dass er auch mit diesen kämpfte. Wir standen stumm da und beobachteten die beiden. „Sie wissen, wie man liebte.“, sagte Tiff.

Der Waggon war voll von Menschen, die dem Fest, dass sie erwartete, entgegenblickten. Zur Verkürzung der Fahrt hatte eine Gruppe junger Madrilenos mit vino gefüllte Lederbeutel mitgebracht, die freundschaftlich in der Runde weitergereicht wurden. „Ich amüsiere mich prächtig, Jake Tiff genoss die Aufmerksamkeit der jungen Madrilenos und nahm ein paar kräftige Schlucke.“ Greta betrachtete, die vorbeiziehende spanische Landschaft durch die milchige Fensterscheibe.

Die Wände des kleinen Bahnhofs waren mit großen Fenstern versehen, die sich aus bunten Mosaiksteinen zusammensetzten. Die Halle erinnerte an eine Kathedrale. Leo streckte sich zufrieden und fuhr sich durchs Haar. Er dachte nicht mehr an den Verlust wegen des Rennens und auch nicht an seine Freunde, von denen ein Großteil Inhaber von Cervecerias waren, in denen er bis auf weiteres keinen Drink mehr aufs Haus bekommen werde.

Er hatte auf der Fahrt zwei Amerikaner aus Kansas kennengelernt und war, wie immer, wenn er Landsleute, bester Dinge. Noch dazu wusste ich, dass die Aussicht, ein paar Tage mit Tiff auf einer Finka zu verbringen, ihm zu guter Laune verhalf. Das Taxi, das wir zu der Finka, die Tiffs und Gretas Großeltern erbaut hatten, nehmen wollten, wurde uns von zwei Männern vor der Nase weggeschnappt. „Die Juden, habe schon gehört, dass sich hier einige herumtreiben sollen, dreiste Gestalten.“, murmelte Leo und deutete mit dem Kinn in Richtung des wegfahrenden Taxis. Greta verdrehte die Augen.

Das Haus lag auf einem Hügel nahe der Stadt, eingebettet in kleine Felder, die schon lange nicht mehr bewirtschaftet wurden. Pinien warfen lange Schatten über die der Natur überlassenen Flächen. Über die Veranda gelangen wir in eine angenehm kühle Halle, die abgesehen von einem schlichten Mobiliar wenig eingerichtet war. Gerade deswegen fielen die stattlichen Fotos Tiffs und Gretas Vorfahren auf, die in mit Keramikelementen verzierten Bilderrahmen an den Wänden angebracht waren. Eine Wendeltreppe führte hinauf in die Schlafzimmer. Tiff, die die Raumaufteilung übernommen hatte, teilte mir das Zimmer direkt über dem Eingang zu. Ich öffnete die Balkontür und schloss die Augen, um den ruhigen Augenblick auszukosten.

Leo hatte deutlich mehr Zeit als erwartet gebraucht, um seine Telefonate zu erledigen. So kam es, dass wir uns erst spät abends auf den Weg in die Stadt machten. Ich bestand darauf, für uns alle zu bestellen. Tiff und Leo einigten sich, abwechselnd die Weine zu wählen, was, bis auf einen, den Leo nach dem ersten Schluck auf den Boden spukte und sagte er, er würde nicht an einem Tisch sitzen bleiben, auf dem eine solche Flasche Wein stand, gut funktionierte. Es wurde ein amüsanter Abend. Der Kellner, der auch Inhaber der kleinen Taverne war, erklärte zu jeder Speise Herkunft der Zutaten und Zubereitung und wir hörten interessiert zu und gaben reichlich Trinkgeld.

Auf dem Weg zurück zur Finka war es schwer zu sehen, wo man hintrat und wir mussten vorsichtig und langsam gehen. Wir waren froh, als wir an der Brücke, die über den Fluss zu der Finka führte, angekommen waren. Hier war es heller, Das Mondlicht, das vorhin vergebens versucht hatte, zwischen den Bäumen, die auf beiden Seiten des Weges standen, hindurchzuscheinen, beleuchtete die Brücke, die, in das bläuliche Licht getaucht, märchenhaft über dem dunklen Fluss lag. Es war ruhig und nichts wies darauf hin, dass über diese am nächsten Tag mehrere hundert Toleredos schreiten würden, um die Auferstehung Jesu mit geschmückten Kreuzen und Statuen zu feiern. Leo hatte Tiff, die wegen ihrer Absätze Schwierigkeiten hatte, den steinigen Weg zu passieren, seinen Arm angeboten und nun, da sie schon auf der Brücke waren, gingen sie immer noch Arm in Arm ein Stück weiter vorne. Ich hörte Fetzen Leos Witze, die er ausschließlich nach reichlich Wein zum Besten gab. Greta und ich hatten kaum ein Wort gewechselt, seit wir zu zweit im Park gewartet hatten und nun, da uns die Dunkelheit nicht mehr voneinander trennte, gingen wir, von dem Mondlicht beschienen, als hätte jemand einen Scheinwerfer auf uns gerichtet, um uns bloßzustellen, schweigend nebeneinander her. Ich betrachtet sie von der Seite. Sie war merklich angespannt und schaute starr auf das dunkle Wasser. Mir fiel auf, dass sie sich, seit wir ins das letzte Mal gesehen hatten, verändert hatte. Ihr langes Haar war abgeschnitten. Ihre Lippen waren rot geschminkt. Ihre Wangen waren nicht mehr so voll und man erkannte den zarten Ansatz des hohen Wangenknochens, der ihr Gesicht fein und zerbrechlich wirken ließ. „Du bist schön geworden, Greta.“

Tiff, die, seit ich sie kannte, das Talent hatte, mehrere Gespräche gleichzeitig zu verfolgen, hatte mich auch gehört und drehte sich, den Lacher, der einem Leos Witzen galt, abrupt beendend, zu uns um. „Jake, ich bitte dich, mache dich nicht lächerlich. Du bist gealtert, zu einem Mann geworden, könntest ihr Vater sein, so sieht es zumindest aus, wenn man euch so sieht. Vater und Tochter, nicht Leo? Du setzt dem armen Ding nur Flausen in den Kopf, du betrunkener Hund.“ Ich war zu erstaunt über diesen unerwarteten Redeschwall, um zu antworten und doch nahm ich an, dass Greta Tiff auf unseren geringen Altersunterschied hinweisen würde. Greta hatte jedoch nicht einmal ihren Blick vom Fluss abgewandt. „Du machst sich wirklich zum Affen, Jake.“, zischte sie kaum hörbar. Leo versuchte, das unangenehme Schweigen zu brechen und zeigte mit dem Finger zum Geländer der Brücke, das, wie mir jetzt auffiel, mit einer Vorrichtung versehen war. Er begann zu lachen. Er hatte wirklich zu viel erwischt.

„Was glaubt ihr ist das, ha?“, fragte er laut, „Das ist damit die vom Krieg, die überlebt haben, die Soldaten, die es gesehen haben, nicht springen. Also nicht, dass es irgendwen juckt, wenn die nicht mehr sind. Sie sollen der ganzen Sache nur bitte nicht genau da ein Ende setzen. Wäre ja auch schade. Schade um die Aussicht. Die armen reichen Leute, die dann die schwimmenden Überreste in ihrem Blickfeld hätten.“

Er war mir unangenehm. Normalerweise vermieden wir solche Gespräche. Tiff und Greta hatten einen Onkel, der ebenfalls auf ihrem Anwesen lebte. Er hatte seine beiden Söhne und ein Bein verloren. Tiff schaute nur kopfschüttelnd in die Tiefe. „Das könnte ich nie. Also mich selbst - Sowas würde mir selbst nie in den Sinn kommen.“
„Menschen, die das denken, sind die Unglücklichsten.“, antwortete Greta.

Ich öffnete die Balkontür und ließ frische Luft in das Zimmer. Ich war froh, mich schlafen legen zu können.  Der Heimweg hatte mich müde gemacht. Ich hatte es mir gerade mit einem Buch, das ich auf einem Flohmarkt in Madrid erstanden hatte, einer Erstauflage Victor Hugos Kameliendame, auf dem Bett bequem gemacht, als es an der Tür klopfte. Ein vertrautes Klopfen. Ich kannte nur eine Person, die auf eine so fordernde Art um Einlass bat.

Sobald ich die Tür nur einen Spalt geöffnet hatte, schlüpfte Tiff ins Zimmer. Sie nahm mich an der Hand und zog mich zur Balkontür. Ich erkannte im Licht, dass durch das Glas auf sie fiel, dass sie bereits ein Nachthemd trug. Der Morgenmantel, den sie darüber gezogen hatte, war nicht geschlossen. Der Gürtel hing lose nach unten. Der Einblick, der einem gewährt wurde, löste in mir ein bekanntes Gefühl aus, wenn auch mit ungewöhnlich schwacher Intensität. Sie legte ihre Arme um meinen Hals, löste sich jedoch nach wenigen Sekunden wieder von mir und lehnte ihren Kopf gegen den Türrahmen. „Du bist mies, Jake. Ich dachte, du wärst rein und gut und jetzt sieh dich an. Kaum selbst kein Junge mehr, suchst du nach jenem Mädchen, dass dir deine verlorene Jugend zurückgibt. Früher hast du mich gebraucht. Ich habe dir das Gefühl gegeben, du wärest ein Mann. Du bist so schrecklich mies, Jake.“ Sie war zu einer mächtigen Gestalt geworden, die immer nähergekommen war, doch nun fiel sie zusammen. Ich nahm ihren Kopf in meine Hände. Ich küsste ihre die Tränen von den Wangen. Ich wusste, dies gäbe ihre die nötige Dramatik, sich zu beruhigen. „Das sind Hirngespinste Tiff. Du redest wirres Zeug, du weißt das.“ Sie nickte langsam. Ich wusste nicht, ob ich wirklich ehrlich gewesen war, doch was ich gesagt hatte, war gut. Ich sagte, ich werde sie zu ihrem Zimmer begleiten. Sie solle schlafen. Kurz bevor sie die Tür schloss, sah sie mich noch einmal an. Bis jetzt hatte sie länger andauernden Augenkontakt vermieden, doch nun fokussierte sie mich, als müsse sie sich mein Gesicht in seinen Einzelheiten merken, als hätte sie Angst, es aus dieser Nähe nie mehr sehen zu können. „Du fehlst mir Jake.“ Kaum hörbar schloss sie die Tür. „Gute Nacht, Tiff.“, murmelte ich leise.


In der Kirche war es kühl und ruhig. Ich hatte mich hierher zurückgezogen, bevor das Osterfest begann. Tiff hatte sich heute Morgen beim Frühstück von Greta für ihre Abwesenheit entschuldigen lassen,
Toledo
Wir hatten beschlossen, die Osterfeiertage in Toledo zu verbringen. Wir wollten den Zug am frühen Nachmittag nehmen. Der Bahnhof war bevölkert von Menschen. Auf unserem Bahnsteig angekommen, mussten wir uns durch eine Traube Wartender kämpfen, um zu dem Platz zu gelangen, an dem wir in unserem Waggon steigen mussten. Hier merkte man nichts von der stechenden Hitze. Immer wieder ließ ein kalter Luftzug die Menge zusammenzucken. Vor uns lagen sich zwei Liebende in den Armen. Er küsste dramatisch die Tränen von ihren Wangen und man merkte, dass er auch mit diesen kämpfte. Wir standen stumm da und beobachteten die beiden. „Sie wissen, wie man liebte.“, sagte Tiff.
Der Waggon war voll von Menschen, die dem Fest, dass sie erwartete, entgegenblickten. Zur Verkürzung der Fahrt hatte eine Gruppe junger Madrilenos mit vino gefüllte Lederbeutel mitgebracht, die freundschaftlich in der Runde weitergereicht wurden. „Ich amüsiere mich prächtig, Jake Tiff genoss die Aufmerksamkeit der jungen Madrilenos und nahm ein paar kräftige Schlucke.“ Greta betrachtete, die vorbeiziehende spanische Landschaft durch die milchige Fensterscheibe.
Die Wände des kleinen Bahnhofs waren mit großen Fenstern versehen, die sich aus bunten Mosaiksteinen zusammensetzten. Die Halle erinnerte an eine Kathedrale. Leo streckte sich zufrieden und fuhr sich durchs Haar. Er dachte nicht mehr an den Verlust wegen des Rennens und auch nicht an seine Freunde, von denen ein Großteil Inhaber von Cervecerias waren, in denen er bis auf weiteres keinen Drink mehr aufs Haus bekommen werde.
Er hatte auf der Fahrt zwei Amerikaner aus Kansas kennengelernt und war, wie immer, wenn er Landsleute, bester Dinge. Noch dazu wusste ich, dass die Aussicht, ein paar Tage mit Tiff auf einer Finka zu verbringen, ihm zu guter Laune verhalf. Das Taxi, das wir zu der Finka, die Tiffs und Gretas Großeltern erbaut hatten, nehmen wollten, wurde uns von zwei Männern vor der Nase weggeschnappt. „Die Juden, habe schon gehört, dass sich hier einige herumtreiben sollen, dreiste Gestalten.“, murmelte Leo und deutete mit dem Kinn in Richtung des wegfahrenden Taxis. Greta verdrehte die Augen.
Das Haus lag auf einem Hügel nahe der Stadt, eingebettet in kleine Felder, die schon lange nicht mehr bewirtschaftet wurden. Pinien warfen lange Schatten über die der Natur überlassenen Flächen. Über die Veranda gelangen wir in eine angenehm kühle Halle, die abgesehen von einem schlichten Mobiliar wenig eingerichtet war. Gerade deswegen fielen die stattlichen Fotos Tiffs und Gretas Vorfahren auf, die in mit Keramikelementen verzierten Bilderrahmen an den Wänden angebracht waren. Eine Wendeltreppe führte hinauf in die Schlafzimmer. Tiff, die die Raumaufteilung übernommen hatte, teilte mir das Zimmer direkt über dem Eingang zu. Ich öffnete die Balkontür und schloss die Augen, um den ruhigen Augenblick auszukosten.
Leo hatte deutlich mehr Zeit als erwartet gebraucht, um seine Telefonate zu erledigen. So kam es, dass wir uns erst spät abends auf den Weg in die Stadt machten. Ich bestand darauf, für uns alle zu bestellen. Tiff und Leo einigten sich, abwechselnd die Weine zu wählen, was, bis auf einen, den Leo nach dem ersten Schluck auf den Boden spukte und sagte er, er würde nicht an einem Tisch sitzen bleiben, auf dem eine solche Flasche Wein stand, gut funktionierte. Es wurde ein amüsanter Abend. Der Kellner, der auch Inhaber der kleinen Taverne war, erklärte zu jeder Speise Herkunft der Zutaten und Zubereitung und wir hörten interessiert zu und gaben reichlich Trinkgeld.
Auf dem Weg zurück zur Finka war es schwer zu sehen, wo man hintrat und wir mussten vorsichtig und langsam gehen. Wir waren froh, als wir an der Brücke, die über den Fluss zu der Finka führte, angekommen waren. Hier war es heller, Das Mondlicht, das vorhin vergebens versucht hatte, zwischen den Bäumen, die auf beiden Seiten des Weges standen, hindurchzuscheinen, beleuchtete die Brücke, die, in das bläuliche Licht getaucht, märchenhaft über dem dunklen Fluss lag. Es war ruhig und nichts wies darauf hin, dass über diese am nächsten Tag mehrere hundert Toleredos schreiten würden, um die Auferstehung Jesu mit geschmückten Kreuzen und Statuen zu feiern. Leo hatte Tiff, die wegen ihrer Absätze Schwierigkeiten hatte, den steinigen Weg zu passieren, seinen Arm angeboten und nun, da sie schon auf der Brücke waren, gingen sie immer noch Arm in Arm ein Stück weiter vorne. Ich hörte Fetzen Leos Witze, die er ausschließlich nach reichlich Wein zum Besten gab. Greta und ich hatten kaum ein Wort gewechselt, seit wir zu zweit im Park gewartet hatten und nun, da uns die Dunkelheit nicht mehr voneinander trennte, gingen wir, von dem Mondlicht beschienen, als hätte jemand einen Scheinwerfer auf uns gerichtet, um uns bloßzustellen, schweigend nebeneinander her. Ich betrachtet sie von der Seite. Sie war merklich angespannt und schaute starr auf das dunkle Wasser. Mir fiel auf, dass sie sich, seit wir ins das letzte Mal gesehen hatten, verändert hatte. Ihr langes Haar war abgeschnitten. Ihre Lippen waren rot geschminkt. Ihre Wangen waren nicht mehr so voll und man erkannte den zarten Ansatz des hohen Wangenknochens, der ihr Gesicht fein und zerbrechlich wirken ließ. „Du bist schön geworden, Greta.“
Tiff, die, seit ich sie kannte, das Talent hatte, mehrere Gespräche gleichzeitig zu verfolgen, hatte mich auch gehört und drehte sich, den Lacher, der einem Leos Witzen galt, abrupt beendend, zu uns um. „Jake, ich bitte dich, mache dich nicht lächerlich. Du bist gealtert, zu einem Mann geworden, könntest ihr Vater sein, so sieht es zumindest aus, wenn man euch so sieht. Vater und Tochter, nicht Leo? Du setzt dem armen Ding nur Flausen in den Kopf, du betrunkener Hund.“ Ich war zu erstaunt über diesen unerwarteten Redeschwall, um zu antworten und doch nahm ich an, dass Greta Tiff auf unseren geringen Altersunterschied hinweisen würde. Greta hatte jedoch nicht einmal ihren Blick vom Fluss abgewandt. „Du machst sich wirklich zum Affen, Jake.“, zischte sie kaum hörbar. Leo versuchte, das unangenehme Schweigen zu brechen und zeigte mit dem Finger zum Geländer der Brücke, das, wie mir jetzt auffiel, mit einer Vorrichtung versehen war. Er begann zu lachen. Er hatte wirklich zu viel erwischt.
„Was glaubt ihr ist das, ha?“, fragte er laut, „Das ist damit die vom Krieg, die überlebt haben, die Soldaten, die es gesehen haben, nicht springen. Also nicht, dass es irgendwen juckt, wenn die nicht mehr sind. Sie sollen der ganzen Sache nur bitte nicht genau da ein Ende setzen. Wäre ja auch schade. Schade um die Aussicht. Die armen reichen Leute, die dann die schwimmenden Überreste in ihrem Blickfeld hätten.“
Er war mir unangenehm. Normalerweise vermieden wir solche Gespräche. Tiff und Greta hatten einen Onkel, der ebenfalls auf ihrem Anwesen lebte. Er hatte seine beiden Söhne und ein Bein verloren. Tiff schaute nur kopfschüttelnd in die Tiefe. „Das könnte ich nie. Also mich selbst - Sowas würde mir selbst nie in den Sinn kommen.“
„Menschen, die das denken, sind die Unglücklichsten.“, antwortete Greta.
Ich öffnete die Balkontür und ließ frische Luft in das Zimmer. Ich war froh, mich schlafen legen zu können.  Der Heimweg hatte mich müde gemacht. Ich hatte es mir gerade mit einem Buch, das ich auf einem Flohmarkt in Madrid erstanden hatte, einer Erstauflage Victor Hugos Kameliendame, auf dem Bett bequem gemacht, als es an der Tür klopfte. Ein vertrautes Klopfen. Ich kannte nur eine Person, die auf eine so fordernde Art um Einlass bat.
Sobald ich die Tür nur einen Spalt geöffnet hatte, schlüpfte Tiff ins Zimmer. Sie nahm mich an der Hand und zog mich zur Balkontür. Ich erkannte im Licht, dass durch das Glas auf sie fiel, dass sie bereits ein Nachthemd trug. Der Morgenmantel, den sie darüber gezogen hatte, war nicht geschlossen. Der Gürtel hing lose nach unten. Der Einblick, der einem gewährt wurde, löste in mir ein bekanntes Gefühl aus, wenn auch mit ungewöhnlich schwacher Intensität. Sie legte ihre Arme um meinen Hals, löste sich jedoch nach wenigen Sekunden wieder von mir und lehnte ihren Kopf gegen den Türrahmen. „Du bist mies, Jake. Ich dachte, du wärst rein und gut und jetzt sieh dich an. Kaum selbst kein Junge mehr, suchst du nach jenem Mädchen, dass dir deine verlorene Jugend zurückgibt. Früher hast du mich gebraucht. Ich habe dir das Gefühl gegeben, du wärest ein Mann. Du bist so schrecklich mies, Jake.“ Sie war zu einer mächtigen Gestalt geworden, die immer nähergekommen war, doch nun fiel sie zusammen. Ich nahm ihren Kopf in meine Hände. Ich küsste ihre die Tränen von den Wangen. Ich wusste, dies gäbe ihre die nötige Dramatik, sich zu beruhigen. „Das sind Hirngespinste Tiff. Du redest wirres Zeug, du weißt das.“ Sie nickte langsam. Ich wusste nicht, ob ich wirklich ehrlich gewesen war, doch was ich gesagt hatte, war gut. Ich sagte, ich werde sie zu ihrem Zimmer begleiten. Sie solle schlafen. Kurz bevor sie die Tür schloss, sah sie mich noch einmal an. Bis jetzt hatte sie länger andauernden Augenkontakt vermieden, doch nun fokussierte sie mich, als müsse sie sich mein Gesicht in seinen Einzelheiten merken, als hätte sie Angst, es aus dieser Nähe nie mehr sehen zu können. „Du fehlst mir Jake.“ Kaum hörbar schloss sie die Tür. „Gute Nacht, Tiff.“, murmelte ich leise.
In der Kirche war es kühl und ruhig. Ich hatte mich hierher zurückgezogen, bevor das Osterfest begann. Tiff hatte sich heute Morgen beim Frühstück von Greta für ihre Abwesenheit entschuldigen lassen, sie habe den spanischen Wein nicht vertragen und müsse sich für den Nachmittag ausruhen. Greta hat mich beobachtet, während sie die Nachricht überbrachte. Sie wusste immer mehr, als man annahm. Gleich nach dem Frühstück war ich hinunter in die Stadt gegangen. Ich hatte das Bedürfnis mir die Beine zu vertreten. Überall waren die Menschen mitten in den Vorbereitungen. Die Männer fuhren die aufwendigen Blumengestecke und aus Holz geschnitzten Statuen auf ihren Wagen auf den Platz vor der Kirche und die Mädchen saßen auf den Bordsteinkanten, flochten sich gegenseitig Zöpfe und bemalten ihre Gesichter mit Blumen. Ich war froh, dass ich in die Kirche gegangen war. Ich hatte das Gefühl, ich müsse beten. Ich betete für Tiff, Greta, für Leo, dass das nächste Rennen besser verlaufen würde und auch für mich. Eine Person hatte sich vorsichtig neben mich gehockt. Als ich aufsah, erkannte ich, dass es Greta war. Sie trug ein rosafarbenes Jersey Kleid, das kaum über ihre Knie reichte, und Blumen im Haar.
„Was machst du, Jake?“
„Ich bete.“
„Hör doch auf damit. Du glaubst ja doch nicht.“
„Aber ich würde gerne.“
„Aber du kannst nicht.“
„Ich wünschte ich könnte.“
„Weißt du, was dein Problem ist, Jake? Wer auch immer da oben ist“, sie deutete zur Decke, „Du sollst ihn um etwas bitten und du stellst Fragen und erwartest Antworten. Du wartest, dass dir von da oben jemand, wen und wie du zu lieben hast.“ Sie lächelte. Ich stand auf. „Und du junges Ding weißt Bescheid?“ „Manchmal denke ich das.“, antworte Greta ohne Zögern.
Ich lachte und wir verließen die Kirche, mein Arm auf ihren Schultern. Die Mittagssonne stand hoch am Himmel und die Jesus Figur stattlich auf ihrem goldenen Wagen. Das Fest konnte beginnen.
sie habe den spanischen Wein nicht vertragen und müsse sich für den Nachmittag ausruhen. Greta hat mich beobachtet, während sie die Nachricht überbrachte. Sie wusste immer mehr, als man annahm. Gleich nach dem Frühstück war ich hinunter in die Stadt gegangen. Ich hatte das Bedürfnis mir die Beine zu vertreten. Überall waren die Menschen mitten in den Vorbereitungen. Die Männer fuhren die aufwendigen Blumengestecke und aus Holz geschnitzten Statuen auf ihren Wagen auf den Platz vor der Kirche und die Mädchen saßen auf den Bordsteinkanten, flochten sich gegenseitig Zöpfe und bemalten ihre Gesichter mit Blumen. Ich war froh, dass ich in die Kirche gegangen war. Ich hatte das Gefühl, ich müsse beten. Ich betete für Tiff, Greta, für Leo, dass das nächste Rennen besser verlaufen würde und auch für mich. Eine Person hatte sich vorsichtig neben mich gehockt. Als ich aufsah, erkannte ich, dass es Greta war. Sie trug ein rosafarbenes Jersey Kleid, das kaum über ihre Knie reichte, und Blumen im Haar.

„Was machst du, Jake?“

„Ich bete.“

„Hör doch auf damit. Du glaubst ja doch nicht.“

„Aber ich würde gerne.“
„Aber du kannst nicht.“

„Ich wünschte ich könnte.“

„Weißt du, was dein Problem ist, Jake? Wer auch immer da oben ist“, sie deutete zur Decke, „Du sollst ihn um etwas bitten und du stellst Fragen und erwartest Antworten. Du wartest, dass dir von da oben jemand, wen und wie du zu lieben hast.“ Sie lächelte. Ich stand auf. „Und du junges Ding weißt Bescheid?“ „Manchmal denke ich das.“, antworte Greta ohne Zögern.

Ich lachte und wir verließen die Kirche, mein Arm auf ihren Schultern. Die Mittagssonne stand hoch am Himmel und die Jesus Figur stattlich auf ihrem goldenen Wagen. Das Fest konnte beginnen.

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