Prosa: Musik hören + Schreiben - Peggy Lee (2016) / Inspirtation: F.S. Fitzgerald


(Beim Hören des Best-of-Albums Peggy Lees)

1.      Sie hüpfte über die Straße und erkannte einige Bekannte. Sie grüßte sie, egal ob sie sie leiden konnte oder nicht. Er schaute ihre nach. Hinten auf ihren Strümpfen hatte das Pfützenspringen Spuren hinterlassen, doch das schärte sie nicht. Sie wussten beide nicht wohin es ging, auch wenn sie zielstrebig wirkte, als sie den langen Boulevard entlang lief. „Wie findest du das?“ Sie drehte sich zu ihm und ihr Kopf fiel in ihren Nacken und die Pillen aus ihrer Tasche. „Guten Morgen, Sonne!“

2.      Die Nacht war kühl und erfrischte all die abendlichen Schwärmer, die ihre verschwitzten Shirts, die sie über den Tag getragen hatten, gegen ein frisches Hemd gewechselt hatten. Sie stellten ihre Mädchen, deren Gesichter Pelz Boas umrahmten, wie Bouquets zur Schau. Durch die Nacht schallte ein heller Schrei. Eine Frau kam die Stufen, die in eine Kellerspillunke führten, hinaufgelaufen. Ein Mann verfolgte sie, um Verzeihung flehend.

3.      Er lief ihr nach und erklärte ihr im Grunde nichts. Er hatte sich auch nichts dabei gedacht. Er konnte nicht einmal von schwindenden Gefühlen sprechen, denn nichts, dass nie war gewesen, konnte vergehen. Er sagte dann doch alles, was sie hören wollte und sie hörte und war zufrieden, dass er über alles sprach, was sie von anderen Männern zu hören bekommen hatte. So konnte sie ihn zumindest als typisch beschimpfen und ihre Freundinnen würden sagen, dass er es nie wert gewesen war.

4.      Sie stand unter seinem Balkon. Mit der Asche der Zigarette fiel ein flüchtiger Blick über die Brüstung und er sah sie. Sie stand da wie ein vergessenes Kind. Ihre Lippen waren gespitzt und ihre Stirn in Falten gelegt. „Ich verzeihe dir, hörst du?“ Sie wandte sich gequält ab. Er sagte nicht, dass er sie nie darum gebeten hatte und bat sie herauf. Sie erbarmte sich.

5.      Sie schmiegte sich in die Kissen auf dem Sofa. Sie war wie einer Reklame entsprungen, nur dass ihre Schönheit nicht durch Zweidimensionalität reduziert war. Er dämmte das Licht und zog die Vorhänge vor das Bullauge. Draußen lag das Meer sanft in weichen Wellen und der Nachthimmel deckte es zu. Er spürte ihre Lippen in seinem Nacken. Er hatte wenig Lust auf das hier. Er wollte sie nicht einmal jetzt berühren, da sich ihre wundervollen Fingerkuppen in seinen Nacken gruben.

6.      Sie stand an der Reling und jauchzte. „Siehst du das? Die Fische tanzen Charleston?“ Sie meinte die springenden Wellen. Er genoss ihre nackten Füße, dass der Duft ihres Parfums zu ihm wehte. Er stellte sein Glas neben sie auf die Reling und alles was er zu besitzen verlangte stand vor ihm auf wenigen Zentimetern und darunter die Flut. Er wusste, sie würde nicht fallen. Sie drehte sich zu ihm und ihre blonden Locken waren nass von dem Schweiß, der ihr im Ballsaal von den Schläfen geronnen war. Sie lachten beide wie Kinder und sein Glas wurde vom Wind von der Reling gerissen und zersprang noch bevor es in die Fluten tauchte.

7.      Sie zog ihren ausgestreckten Finger seine Nase entlang. „Da  hat sie eine Unregelmäßigkeit.“ Er verzog das Gesicht. „Du schaust. Hör doch auf. Stell dir einmal vor, sie wäre nicht da. Wie wäre diese Nase mir unerträglich.“ Sie küsste den Nasenrücken und er wusste, dass sie nicht ertrug, dass ihre Nase umso viel weniger ansehnlich war als seine.

8.      Er tanzte über die Straße und sein Stock diente ihm als Dirigierstab und alle Geräusche folgten den Anweisungen des Stücks Holz in seiner Hand. Er hatte gehört sie sei in Südamerika Samba tanzen. Oder sie tanzte Rumba. Sie konnte von ihm aus alle Tänze der Welt tanzen und jedes Mal dürfe ein anderer Mann ihre Hüften umschlingen.

9.      Er erstach mit dem Bleistift das Papier und dann saß er im Flieger und drückte sich in den Sessel. Er sah nicht aus dem Fenster. Er hatte keine Angst, doch verzichtete er auf die Demonstration der eigenen Nichtigkeit. Der Blick in die Unendlichkeit des Himmels war ihm verhasst. Als er den Boden spürte, ließ er die Zeitung auf den Schoß seines Nachbarn fallen und lief zur Tür. Sie trug ein Kopftuch und es war bestickt. Er sprang in einem Satz von der Treppe und sie stand da und schaute ihm zu.


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