Auseinandersetzung Caravaggio

Die Rosenkranzmadonna ( 1605/06), Kunsthistorisches
Museum, Wien
Bei der Rosenkranzmadonna handelt es sich um das einzige
nachgewiesene Votiv- bzw. Stifterbild aus dem Werk des Künstlers. Der Stifter
und Auftraggeber des Gemäldes ist am unteren linken Bildrand abgebildet.
Dargestellt ist die von Alanus de Rupe um 1468
verbreitete Legende, nach welcher der heilige Dominikus, Gründer des
Dominikanerordens, den Rosenkranz 1208 bei einer Marienerscheinung empfangen
und in seinem Orden eingeführt haben soll.
Die kannellierte Säule links im Bild und der rote
Vorhang, der sich oben über die gesamte Bildbreite erstreckt, geben der
Komposition eine innerbildliche Rahmung. Erhöht thront Maria über vier
stehenden Männern im Dominikanerhabit, wobei es sich links um den
Ordensgründer, den hl. Dominikus handelt. Aus dem Vordergrund drängen sich drei
barfüßige Männer in Tüchern, die an Apostelkleidung erinnern; sowie eine Frau
mit Kleinkind, zu ihnen. Dazwischen kniet am linken Bildrand ein vornehmer Herr
in schwarzem Gewand und weißer Halskrause. Diese Figur, in welcher der Stifter
bzw. Auftraggeber des Bildes zu sehen ist, blickt über die rechte Schulter aus
dem Bild heraus und versichert sich so der Aufmerksamkeit des Bildbetrachters.
Die Hände des hl. Dominikus, welche die Rosenkränze
halten, bilden eine imaginäre waagerechte Grenze zwischen Heiligen und den
einfachen Leuten, unter die sich der vornehme Stifter mischt, der gleichsam den
Schutzmantel des Heiligen für die einfachen Leute öffnet und so von deren heftiger
Frömmigkeit zur Seite gedrängt wird.
Das Christuskind ist im Schoß stehend dargestellt, was
wohl seine Herkunft aus dem Leibe der Mutter verdeutlichen soll. Während Maria
geradezu pragmatisch dabei ist, Dominikus anzuhalten, Rosenkränze unter die
Armen zu verteilen, umfasst der kleine Jesus ihre Schultern, greift sich in
kindlicher Geste auf den prallen Bauch und blickt spielerisch zum Betrachter.
Die dem Bild zugrundeliegende Geschichte stammt aus dem
Lukas-Evangelium und findet am Tag nach Christi Auferstehung statt. Zwei Jünger
befinden sich auf dem Weg zum Dorf Emmaus, als sie Jesus begegneten. Caravaggio
stellt den Moment dar, in dem der wiederauferstandene Jesus sich zwei seiner
Jünger (dem im Lukas-Evangelium namentlich erwähnten Kleopas und seinem nicht
namentlich erwähnten Begleiter) zu erkennen gibt.
Der Jünger zur rechten Seite trägt eine Jakobsmuschel am
Gewand, Zeichen des Pilgers, was unter anderem auch seine Identifizierung als
Jakobus der Ältere zulässt. Der andere Jünger hat eine löchrige Jacke an. Der
Gestus des rechten Jüngers sprengt fast den Rahmen der perspektivischen
Darstellung – seine Arme strecken sich in einer Achse normal zur Bildebene. Der
stehende Wirt beobachtet die Szene, zeigt aber wenig Emotionen. Die seltene
Darstellung Jesu ohne Bart geht möglicherweise auf die frühen
Christusabbildungen zurück, die zu Caravaggios Zeit entdeckt wurden
Typisch für Caravaggio ist die Verwendung des
Lichteinfalls als dramatisches Element (Chiaroscuro). Der Blick wird auf die
erleuchteten Gesichter von Jesus und Jakobus gelenkt. Wie in der Perspektive
der Hände Lukas' ist auch hier die Bildlogik außer Kraft gesetzt – der Wirt
müsste, wie die Gegenstände auf dem Tisch, einen Schlagschatten nach rechts
werfen und damit Jesus verdunkeln. Stattdessen sehen wir seinen Schatten schräg
hinter ihm auf der Wand.
Die Grablegung Christi ( 1603/04), Vatikanische Museen,
Rom
Das Bild zeigt die Grablegung Christi, der im Vordergrund
im getreppten Typus dargestellt ist. Den rechten Hintergrund dominiert Maria
Kleophae die verzweifelt und als Ausdruck der Trauer ihre Arme zum Himmel
streckt. Links neben ihr steht mit geneigtem Haupt Maria Magdalena. Die
Jungfrau Maria ist als alte Frau im Nonnengewand dargestellt. Sie scheint mit
ihrem Arm die ganze Szenerie zu umarmen. Im Vordergrund hält der gebeugte
Nikodemus, von Josef von Arimathäa (links im Hintergrund) unterstützt, den
Leichnam Christi.
Die Komposition des Gemäldes ist bemerkenswert. Das Auge
des Betrachters gleitet von den erhobenen Händen in der rechten oberen Ecke
diagonal über die gebeugten Köpfe der Trauernden und horizontal platzierten
Körper Jesu zum Leichentuch unten links. Das Tuch hängt über dem Grab und
scheint in den Raum des Zuschauers hineinzugreifen. Der dunkle und leere
Hintergrund lenkt die ganze Aufmerksamkeit auf die Figuren. Die Darstellung der
Jungfrau Maria als Nonne ist ungewöhnlich.
Die Pflanze im Vordergrund symbolisiert die Hoffnung auf
ein neues Leben. Der hängende rechte Arm (bei Christus) ist ein Element, das in
Reliefs der römisch-griechischen Antike in den Darstellungen der gefallenen
Helden anzutreffen ist.
Es wird vermutet, dass Caravagio Michelangelos Pieta im
Petersdom als Vorlage für den toten Christus genutzt hat.

Die Berufung
des Hl. Matthäus ist eines der bekanntesten Gemälde Michelangelo Merisi da
Caravaggios. Es entstand in der Stilepoche des Frühbarock und gilt heute als
eines der epochalen Werke der Kunstgeschichte. Es war eine kirchliche
Auftragsarbeit.
Die Berufung
des Hl. Matthäus wird im Matthäusevangelium (Mt 9,9 EU) kurz beschrieben: Als
Jesus weiterging, sah er einen Mann namens Matthäus am Zoll sitzen und sagte zu
ihm: Folge mir nach! Da stand Matthäus auf und folgte ihm. Matthäus war
Zöllner, eine zur Zeit der dargestellten Handlung verachtete Berufsgruppe, so
dass ihn die Berufung zum Jünger Jesu selbst umso mehr überraschen musste, wie
Caravaggio es im Gemälde ausdrückte.
Die Art der Darstellung und die Lichtführung machen das
Bild zu einem der meistbeachteten Caravaggios. Er teilte die Beteiligten im
Geschehen in zwei Gruppen auf: die beiden Personen rechts, der Matthäus mit
einer Geste berufende Jesus und Simon Petrus, und die Gruppe links, der
Matthäus selbst angehört, der mit dem Finger fragend vor Erstaunen auf sich
zeigt, und seine Begleitfiguren. Obwohl Jesus eigentlich die zentral handelnde
Figur ist, stellte ihn Caravaggio dennoch nicht in das Zentrum des Bildes,
sondern, um die Dramatik zu steigern, an den rechten Rand und ließ ihn dazu
noch von Simon Petrus halb verdecken. Die Petrusfigur fügte Caravaggio erst
nachträglich ein, wie nach einer Untersuchung festgestellt wurde. Grund dafür
könnte sein, dass damit die Bedeutung des Petrusamtes der Päpste hervorgehoben
werden sollte, da im Zeitraum der Erschaffung die Gegenreformation noch
deutlich aktiv war.
Das Epochale an der Darstellung ist, dass zum ersten Mal
in der Kunstgeschichte eine heilige Handlung nicht in einem heiligen Rahmen
oder etwa in einer Ideallandschaft stattfindet, sondern in einer alltäglichen
Stube. Caravaggio betont die Alltäglichkeit durch das verstaubte Fenster oben
rechts und die Darstellung der Kleidung der Personengruppe um Matthäus
Die durch das harte Schlaglicht von rechts oben ins
Extreme gesteigerte Hell-Dunkel-Wirkung, das Chiaroscuro, hatte vor ihm noch
keiner in dieser Dramatik gezeigt. Er hatte zwar damit experimentiert, aber
nicht in dieser Kraft. Dass der Lichteinfall von rechts oben kommt, ist kein
Zufall. Caravaggio wusste, dass das Bild auf der linken Seite der Kapelle
hängen würde, mit einem Lichtfenster über dem Altarbild. Das Bild zeigt
Caravaggio auf dem Höhepunkt seines Könnens.
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