Portfolio Geburtenplanungspolitik in China (Ein-Kind-Politik)
计划生育政策
Geburtenplanungspolitik in China
(Ein-Kind-Politik)
Von Marie Hummer

Die Ein-Kind-Politik in China
China heute:
Mit 9,6 Millionen
Quadratkilometer der viertgrößte Staat (nach Russland, Kanada und den USA), mit
1,34 Milliarden Einwohnern das bevölkerungsreichste Land der Erde (mehr
Menschen als in Nordamerika, Europa und Russland zusammen).
Ca. 50 Städte mit mehr als
einer Million Einwohner, im Großraum Shanghai leben 17,8 und im Raum Peking
12,2 Millionen Menschen.
Politisch wird China vielfach
als kommunistische Diktatur angesehen, es gibt nur eine politische Partei.
Besonders hinsichtlich der Wahrung der Menschenrechte kommt es immer wieder zu
internationalen Konflikten (z.B.: Tibet).
Ökonomisch hat das Land in
den vergangenen Jahrzehnten einen enormen Aufschwung erlebt und ist am Weg zur
größten Wirtschaftsmacht der Erde. Trotz dieser Erfolge und trotz 60 Jahren
Kommunismus ist der Unterschied zwischen Arm und Reich noch immer gewaltig.

China historisch:
Das Land hat eine
Jahrtausende alte, bedeutende kulturelle Tradition.
Nach der Abdankung des
letzten Kaisers 1912 durchlebte die neue Republik eine konfliktreiche Zeit mit
bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Die Machtübernahme durch die Kommunisten unter
Mao Zedong 1949 (nach dem sogenannten „Langen Marsch“, in dem er mit seiner
„Roten Armee“ quer durchs Land gezogen bzw. geflüchtet war) beendete diese
Phase. Mit harter und autoritärer Hand wurde das alte Feudalsystem durch
Enteignung in eine kommunistische Planwirtschaft umgestellt, agrarische wie
industrielle Produktion sollten drastisch gesteigert werden. Kritik wurde
brutal unterdrückt.
China war damals eines der
ärmsten Länder der Erde, der landwirtschaftliche Ertrag konnte die immense
Bevölkerung nicht ausreichend ernähren. Nach anfänglichen Erfolgen mit diesem
Problem scheiterte Maos großangelegte Initiative „Großer Sprung nach vorne“
kläglich, um 1960 starben mehrere
Millionen Menschen an Hunger, die radikal-kommunistischen Reformen mussten zum
Teil wieder zurückgenommen werden. Seine politischen Doktrinen versuchte Mao ab
1966 in der sogenannten „Kulturrevolution“ mit entschlossener Härte allgemein
durchzusetzen.
Nach Mao (gest. 1976)
leitete Deng Xiaoping eine grundlegende wirtschaftliche Öffnung ein, die China
in Richtung freier Marktwirtschaft und Internationalisierung führte. Die „Vier
Modernisierungen“ (Modernisierung der Landwirtschaft, der Industrie, der
Technologie und der Verteidigung) wurden in Verfassungsrang erhoben – 30 Jahre
später zeigt sich China als hochmodernes und hochindustrialisiertes Land
Andererseits gibt es auch heute
noch völlig unterentwickelte Regionen und riesige Slum-Gebiete mit unzählbaren
Arbeitslosen. Ein immenses Problem ist
mittlerweile der Umweltschutz, der zu lange ignoriert wurde. Die Auswüchse des
Kapitalismus, Ausbeutung, Korruption und Bürokratie sind unübersehbar, die
Produktionsbedingungen im Billig-Lohn-Land zum Teil erschreckend.
Eine Demokratisierung
Chinas ist bislang nicht in Sicht, Gegner des Systems werden nach wie vor
unterdrückt – 1989 etwa wurde in Peking am Tian’anmen-Platz (Platz des Himmlischen
Friedens) eine Demonstration von hunderttausenden Menschen für Pressefreiheit
und Menschenrechte mit Panzergewalt niedergeschlagen.
Chinas Bevölkerungsproblem:
Seit dem 19. Jahrhundert
war die Einwohnerzahl des Landes mehr oder minder stetig im Steigen, seit 1950
sogar explosionsartig. Die Situation, dass schließlich nur 7% der weltweit
verfügbaren Agrarflächen 20% der Weltbevölkerung ernähren sollte, führte zu
Hungerkatastrophen. Erst die Reformen von Deng Xiaoping (Industrialisierung der
Landwirtschaft, Bewässerung, Düngung, Pflanzenschutz) ermöglichten endlich eine
ausreichende Versorgung der Menschen. Eine weitere Bevölkerungszunahme wäre
jedoch fatal.
Mao hatte noch angenommen,
mit der Steigerung der Produktivität die Probleme in den Griff zu bekommen, und
er war stolz darauf, das bevölkerungsreichste Land der Welt anzuführen. Erst
nach ihm entschloss man sich, entschiedene Maßnahmen zur Geburtenregulierung zu
ergreifen.
Die traditionelle
chinesische Familie hatte immer mehrere Nachkommen, zum einen, damit die
Versorgung der Eltern und Großeltern im Alter sichergestellt war, zum anderen,
weil unbedingt ein männlicher Nachfolger erwünscht war, auf den der Besitz
übergehen konnte (ein Mädchen war dagegen „teuer“ – mit seiner Heirat wechselte
es in eine andere Familie und eine Mitgift wurde erwartet). Diese Tradition
beschleunigte das Bevölkerungswachstum.
Die durchschnittliche
Lebenserwartung in China hat sich im 20. Jahrhundert von 35 auf rund 70 Jahre
gesteigert, was vor allem auf die Verbesserungen in der medizinischen und
ernährungsmäßigen Versorgung seit Mao Zedong zurückzuführen ist. Obwohl es ein
Rentensystem gibt, das derzeit schon etwa 60 % der älteren Bevölkerung einigermaßen
versorgt, ist die Pflicht der Kinder, ihre Eltern im Alter zu unterstützen, ein
Verfassungsgesetz.
Schon unter Mao hatten
Experten gewarnt, dass ein unkontrolliertes Bevölkerungswachstum die
wirtschaftlichen Erfolge zunichtemachen könnte. 1979 fasste der Volkskongress
schließlich einen Beschluss, wonach jeder Familie nur mehr ein Kind erlaubt
war. Für eine Ein-Kind-Familie gab es staatliche Unterstützung und Förderung
(Gesundheit, Ausbildung, Wohnung, usw.), die bei einem zweiten Kind komplett
gestrichen wurden. Zudem brachte ein Verstoß gegen diese Regel hohe Geldstrafen
mit sich. Heiraten durfte man nun erst mit 20 (Frau) bzw. 22 (Mann) Jahren,
benötigte dafür eine offizielle Erlaubnis und den Nachweis, dass die Braut über
Empfängnisverhütung Bescheid weiß. Für
die Einhaltung der Geburtenvorschrift hafteten zum Teil nicht nur die Familien,
sondern auch Betriebe und Regionalverwaltungen.
Die Ziele, die mit diesen
Maßnahmen zur Kontrolle des Bevölkerungswachstums gesteckt waren, konnten nicht
ganz erreicht werden, auch wenn sich die Geburtenzahlen laut Angaben der
chinesischen Behörden drastisch verringert haben.
Eine der Konsequenzen für
die chinesische Gesellschaft ist die Überalterung, die sowohl für das
Wirtschaftssystem wie auch für die Altersversorgung neue Probleme mit sich
bringt.

Bevölkerungsentwicklung in China
Anhand von sieben Online-Zeitungsartikeln soll nun ein aktuelles Bild von der Problematik der Ein-Kind-Familie
in China aufgezeigt und besprochen werden:
1.) Ying Hartmüller schreibt am 7.12.2012 für
„TheEpochTimes – Deutschland“ einen Kommentar mit dem Titel „Ohne Spirale kein
Ausweis – China: Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der ein-Kind-Politik“. Um die
Geburtenkontrolle effektiv durchzusetzen, ist der chinesische Staat offenbar
gewillt, auch heute noch einigen Druck, wenn nicht sogar Gewalt auszuüben.
Hartmüller berichtet, dass Frauen, die sich bei der Geburt ihres (ersten)
Kindes zwecks Verhütung weiterer Kinder nicht eine Spirale einsetzen lassen,
für ihr Kind keine Anmeldepapiere erhalten, ihr Kind damit keine Schule
besuchen wird können. Ein solches Vorgehen verstößt nicht nur gegen menschliche
Grundrechte, sondern auch gegen chinesische Bestimmungen, die einen Zwang zu
bestimmten Verhütungsmethoden untersagen.
Hartmüller reiht sich mit
seinem Artikel unter zahlreiche andere Meldungen ein, die von Gewalt
hinsichtlich der Realisierung der Ein-Kind-Politik berichten. Es soll
zwangsweise Sterilisationen und Abtreibungen und andere empfindliche Repressionen
geben und gegeben haben, wenn sich Frauen nicht an die Beschränkung auf ein
einziges Kind halten.
Mit aller Macht versucht
also der chinesische Staat, den drohenden Kollaps bei einer ungezügelten
Bevölkerungsvermehrung zu verhindern, versuchen lokale Behörden die ihnen
auferlegten Verordnungen innerhalb der Region durchzusetzen, damit sie nicht
selbst in Ungnade fallen. Oft genug werden dabei offenbar auch Menschenrechte schlimm
verletzt.
Vor allem in der
bäuerlichen Bevölkerung war (und ist) der Widerstand gegen die
Ein-Kind-Regelung groß. Eine Vielzahl an Kindern in der Familie war fest in der
Tradition (auf Konfuzius zurückgehend) verwurzelt. Mit nur einem Kind war die
Existenz gefährdet, denn nur die eigenen Kinder versorgten die Eltern, sobald
diese nicht mehr arbeitsfähig waren, und nur ein eigener Sohn konnte den
Familienbesitz übernehmen, eine Tochter (und ihre Arbeitskraft) ging mit ihrer
Heirat an eine andere Familie verloren. Wurde also ein Mädchen geboren, und
durfte kein weiteres Kind mehr bekommen werden, war das vielfach schlicht
unerträglich. Nicht selten wurde die Mutter, die keinen Sohn bekam, verachtet,
nicht selten auch das Mädchen als minderwertig behandelt. (Berichtet wird, dass
dies ein Grund für die hohe Selbstmordrate von Frauen in China sein könnte.)
Das war zwar in früheren Zeiten ähnlich, aber damals war dann eben das vierte
oder siebente Kind ein Bub.
In Folge kam es nicht
selten bei Geburt eines Mädchens zu Kindesweglegungen bis hin zur Tötung. Die
Korruption bei lokalen Behörden nahm zu, die man gewogen stimmen konnte, um ein
zweites Kind offiziell zu verschweigen. Manche Behörden meldeten auch
freiwillig die (angebliche) Einhaltung der Geburtenvorschriften, um selbst
Strafen zu entgehen.
Da sich der Unmut der
ländlichen Bevölkerung nicht beruhigte, verzichtete man in bäuerlichen Regionen
schon seit 1984 auf eine allzu strenge Durchsetzung der Vorschriften, um
schließlich zu gestatten, dass Bauern, denen eine Tochter geboren wurde, ein
zweites Kind bekommen dürfen. (Weitere Erleichterungen sind nun, dass Ehepaare
aus Einzelkindern zwei Kinder bekommen dürfen, und dass in bestimmten Regionen
wie Shanghai für geschiedene Wiederverheiratete ein weiteres Kind erlaubt ist.)
Die Ein-Kind-Politik
konnte daher nur in städtischen Regionen tatsächlich verwirklicht werden. Dort
bedurfte es keines übermäßigen Drucks, um die Regelung durchzusetzen, denn
einerseits ist urbaner Wohnraum teuer, weshalb man eine hohe Kinderzahl ohnehin
vermeiden wird, andererseits besteht in sehr vielen Städten der Welt, sobald
ein gewisser Lebensstandard erreicht ist, aus verschiedensten Gründen der Trend
zu kinderarmen Familien.
Seit 2004 ist die
Geschlechtsbestimmung eines ungeborenen Kindes mittels Ultraschall bei strengen
Strafen verboten. Damit soll die Abtreibung von weiblichen Föten verhindert
werden, was immer mehr zugenommen hatte. In der chinesischen Gesellschaft ist
bereits, vor allem in Folge der Ein-Kind-Politik, ein Missverhältnis zwischen Frauen
und Männern entstanden: auf 100 Frauen sollen mittlerweile 120 Männer kommen – viele
Millionen chinesische Junggesellen werden daher keine Familie gründen können.
2.) In den „Deutschen
Wirtschafts Nachrichten“ (Online) vom 18.3.2013 werden konkrete Zahlen zu
Chinas Ein-Kind-Politik genannt. Demnach hat das Gesundheitsministerium in
Peking verlautbart, dass seit 1971 in China 336 Millionen Abtreibungen und 196
Millionen Sterilisierungen vorgenommen worden sind, und dass 403 Millionen
Frauen mechanische Verhütungsmittel eingesetzt worden wären. (Zum Vergleich: In den USA gab es seit 1973
etwa 50 Millionen Abtreibungen.)
Abgesehen von der äußerst
bedenklichen humanitären Situation, weil angenommen werden kann, dass viele
dieser Eingriffe nur mit Zwang durchgeführt werden konnten, sieht der Artikel auch negative Auswirkungen
auf die wirtschaftliche Lage des Landes: Der Anteil der arbeitenden Bevölkerung
hat sich deutlich verringert und „China wird zum größten Seniorenheim der
Welt“. Die Führung in Peking sei deshalb bereit, dem entgegenzusteuern und eine
Zwei-Kind-Politik einzuführen. Allerdings ist zu fragen, ob es für eine solche
Maßnahme nicht bereits zu spät ist, und ob sie politisch auch durchzusetzen
wäre.

Die chinesischen
Bevölkerungszahlen wären heute, ohne Ein-Kind-Politik, um 30% höher. Der
Artikel in den „Deutschen Wirtschafts
Nachrichten“ spricht in erster Linie den daraus resultierenden wirtschaftlichen
Nachteil an, verschweigt jedoch die immensen Problem, die ohne Geburtenregelung
zweifellos entstanden wären. Es kann nicht immer nur um Wirtschaftswachstum
gehen. So bedenklich die Ein-Kind-Politik Chinas in manchen Aspekten auch sein
mag, zeigt sie doch auch, dass sich die Menschen beschränken und mit den
Ressourcen sorgsam umgehen müssen, um große Krisen zu vermeiden.
3.) In der Süddeutschen
Zeitung (Online) vom 4.3.2013 spricht Marcel Grzanna zum einen ein
ökonomisches, zum anderen ein soziologische Problem der Ein-Kind-Politik an,
die einen engen Zusammenhang haben dürften. Bedingt durch die Geburtenkontrolle
entstand in China ein Frauenmangel, weil weibliche Nachkommen nicht so
erwünscht waren (und sind) wie männliche. Durch meist fragwürdige Methoden ist
diesem Wunsch in vielen Familien Rechnung getragen worden. Doch heute finden
viele Millionen Chinesen keine Ehepartnerinnen mehr. Folge davon ist eine
Zunahme an Mädchenentführungen, Frauenraub, Vergewaltigung und Prostitution.
Dieser Frauenmangel, so
der Artikel weiter, könnte mit eine Ursache für den mangelnden Konsum innerhalb
Chinas sein. Die traditionelle Sparsamkeit der Chinesen sei zwar durch den
wirtschaftlichen Wohlstand gelockert worden. Weil aber der chinesische Mann bei
der Brautwerbung einer starken Konkurrenz ausgesetzt ist, versucht er seine
Chancen zu erhöhen, indem er durch Konsumverzicht so wohlhabend wie möglich
wird. Manchmal wird das ersparte Geld auch dafür aufgewendet, sich eine Frau zu
kaufen.
Um die starke
Exportabhängigkeit der chinesischen Wirtschaft zu verringern, sei es wichtig,
den Binnenkonsum zu fördern, meint Marcl Grzanna und zitiert einen chinesischen
Wissenschaftler, der meint, dass die Lockerung der Ein-Kind-Politik dazu
wesentlich beitragen könnte. Ob diese überhaupt sinnvoll war, könne man
hinterfragen, denn möglicherweise hätte sich, wie in anderen Ländern auch, mit
der enormen wirtschaftlichen Entwicklung eine Reduktion des
Bevölkerungswachstums von selbst eingestellt.
Diese letzte These des
Autors dürfte kaum zutreffend sein. Die Bevölkerungsexplosion hat sich in
erster Linie in den ländlichen Regionen Chinas zugetragen, wo der Wunsch nach
vielen Kindern bis heute besteht und der wirtschaftliche Aufschwung weniger
deutlich ist als in den Ballungszentren.
Ganz ähnlich wie beim
vorigen Artikel kann man auch hier kritisieren, dass Wirtschaftswachstum und
Konsumverhalten zum alleinigen Beurteilungskriterium für politische Maßnahmen
werden. Gewiss wollte China durch die Ein-Kind-Politik eine Gefährdung der
wirtschaftlichen Erfolge verhindern. Doch es ist wohl auch darum gegangen,
sinnvolle Lebensbedingungen für die Menschen des Landes zu schaffen.
4.) Im Kurier (Online) vom
15.7.2012 geht Silke Ballweg unter dem Titel „Ein-Kind-Politik: Chinas kleine
Kaiser“ auf die Problematik der Einzelkind-Familien ein. Gibt es in einer
Familie nur ein Kind, bekommt dieses oft die ganze Aufmerksamkeit der
Erwachsenen, wird es besonders behütet und auch verwöhnt. Das bewirkt, dass
viele heranwachsende Chinesen (besonders Söhne) sich wie kleine Kaiser fühlen,
nur mangelnde Sozialkompetenzen erwerben und später mit Problemen nicht gut
zurechtkommen. Aber es gibt auch eine ganz andere Seite: Für ihr einziges Kind
wollen die Eltern nur das Beste, setzen alle ihre Hoffnungen und Erwartungen in
dieses Kind, das sich optimal entwickeln und ausgebildet werden soll. Ein
Aspekt dabei ist, dass das Kind einmal seine Eltern unterstützen können soll,
wenn diese alt sind. Ballweg meint, dass dies auch sehr wahrscheinlich
notwendig sein wird, denn die chinesische Gesellschaft ist durch die Ein-Kind-Politik
bald schon überaltert und das Rentensystem bei weitem nicht ausreichend.
Auch in diesem Artikel
kommen die brutalen Methoden der chinesischen Verwaltung zur Sprache:
erzwungene Abtreibungen, Verlust des Jobs bei einem zweiten Kind, unzulässige und
entwürdigende Eingriffe in die Privatsphäre vor allem der Frauen.
Die spezielle Situation
einer Ein-Kind-Familie wird in anderen Publikationen auch als
4-2-1-Kostellation bezeichnet: Vier Großeltern und zwei Eltern kümmern sich um
ein Kind, und dieses eine Kind soll später dann zwei Eltern und vier Großeltern
versorgen. Der verhätschelte und verzogene Nachwuchs ist in China zum Problem
geworden. Andererseits ist die besondere Fürsorge der Eltern auch zu einem
Motor geworden, der vielen Kindern später eine Top-Karriere ermöglicht hat. Es
gibt zum Beispiel Kindergärten, die Eltern und deren Nachwuchs damit anlocken,
dass ihre Schützlinge (angeblich) die Grundlagen für einen späteren Eintritt in
eine Elite-Hochschule erwerben. Natürlich kommen auch viele Kinder mit einem so
hohen Erwartungsdruck nicht zurecht. Für die Wirtschaft aber hat es sich als
nützlich erwiesen, dass sich Eltern um die bestmögliche Ausbildung ihres
einzigen Nachkommens bemühen.
„Die Welt“ bringt zum Beispiel in ihrer Online-Ausgabe vom
9.5.2013 ein Interview mit der jungen chinesischen Finanzexpertin Rongrong Huo.
Ihrer Eltern waren einst enttäuscht, dass ihr einziges Kind eine Tochter ist.
Heute arbeitet sie für eine renommierte Großbank in London als Expertin.
5.) Abschließend soll ganz
kurz auf drei weitere Artikel eingegangen werden:
„Zeit Online“ berichtet am
9.5.2013 vom chinesischen Star-Regisseur Zhang Yimou, der angeblich sieben Kinder hat. Die Behörden würden
bereits ermitteln, theoretisch müsste er 20 Millionen Euro Strafe bezahlen. Dieser
Fall entfachte erneut die Diskussion über die sehr umstrittene
Ein-Kind-Politik.
Was dieser
Artikel nur andeutet ist das große Problem der Korruption in China. Es gibt
viele Leute in China, die „es sich richten können“, weil sie genügend Geld
haben um ein Amt zu bestechen oder um Strafen für zusätzliche Kinder zu zahlen,
oder auch, weil sie Beziehungen haben, wie eben etwa ein berühmter Regisseur,
dem Regierungstreue nachgesagt wird. Nicht wenige Menschen in China können
deshalb Vorschriften getrost ignorieren, was oft den Zorn der restlichen
Bevölkerung erregt.
Der zweite Artikel
erschien am 14.5.2013 in „Die Welt – Online“. Ein fünfjähriger Chinese
beantragte in Deutschland Asyl, weil er wegen der Ein-Kind-Politik in seiner
Heimat Repressionen ausgesetzt wäre, weil seine Eltern bereits ein Kind haben. Der
Fall ist sehr undurchsichtig, weil der Vater falsche Angaben gemacht haben
dürfte. Aber er lenkt die Aufmerksamkeit auf den Umstand, dass es sehr
unangenehm sein kann, in China als ein Geschwisterkind geboren zu werden.
Im Kurier erscheint am
21.5.2013 (online) eine Reportage über Heiratsmärkte in China. Silke Ballweg
berichtet, wie das eigene, herangewachsene Kind von den Eltern wie auf einem
Flohmarkt an Heiratswillige angeboten wird. Durch die Ein-Kind-Politik ist es nicht
nur schwieriger geworden, einen geeigneten Partner bzw. eine geeignete
Partnerin zu finden. Die Eltern wünschen sich zudem für ihr einziges Kind den
idealen Lebensgefährten, den sie auf diesem Weg zu finden hoffe. In ganz China
finden deshalb solche „Kuppel-Märkte“ statt.
Resümee:
Die chinesische
Ein-Kind-Politik hat das Problem der Bevölkerungsexplosion einigermaßen in den
Griff bekommen. Dennoch ist zu fragen, ob das zu einem erheblichen Teil
inhumane und Zwang ausübende Vorgehen der Behörden zur Durchsetzung, was sehr
viel Leid hervorgerufen hat, deswegen gerechtfertigt werden kann.
Heute wird die
Ein-Kind-Politik mehr und mehr zurückgedrängt, wenn man folgender Statistik Glauben
schenken will:

(Quelle: http://www.deutsch-chinesische-allgemeine.de/2012/08/13/zur-fragw%C3%BCrdigkeit-des-begriffs-ein-kind-politik/)
Ein Blick auf die
Entwicklung der Weltbevölkerung zeigt, dass die Probleme hinsichtlich der
Geburtenkontrolle in den kommenden Jahren wahrscheinlich in anderen Ländern
liegen werden:

Quellen:
Britta Rath: Schnellkurs
China. DuMont Verlag, Köln 2003
Bärbel Böcker, Ina Simson:
Chinas kleine Sonnen. Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 1989
Jürgen Hartmann: Politik
in China. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006
Francoise Hauser: Alles
Mythos! 20 Populäre Irrtümer über China. Theiss-Verlag, Stuttgart 2011
ZEITUNGSARTIKEL (aus dem Internet)
Epoch Times Deutschland (Online) 07.12.2012
Ohne Spirale kein Ausweis
China: Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der Ein-Kind-Politik
In China haben sich mindestens 114
Millionen Frauen zur Verhütung
eine Spirale einsetzen lassen. Viele von ihnen haben diesen Eingriff in ihren
Körper nicht freiwillig vorgenommen. Einer der Gründe soll nach Berichten der
Webseite news.qq.com sein, dass Kinder nicht beim Amt angemeldet werden und daher
später keine Schule besuchen können, falls die Mutter nach deren Geburt keinen
Nachweis für das Einsetzten einer Spirale vorweisen könne. Diese Regelung habe
keine rechtliche Grundlage, erklärten in letzter Zeit einige Anwälte in China.
Sie appellierten an den zuständigen Behörden, die Mütter nicht mehr zu dieser
Operation zu zwingen.
Bei vielen
Einwohnermeldeämtern in China ist es Usus, einem neu geborenen Kind erst dann
„Hukou" (eine Art Meldebescheinigung) zu erteilen, wenn die Mutter den
ärztlichen Nachweis erbringt, dass sie sich eine Spirale nach der Geburt hat
einsetzten lassen. „Hukou" ist eines der wichtigsten Ausweisdokumente in
China. Ein Kind darf nur dann in eine Schule gehen, wenn es laut seinem
„Hukou" im entsprechenden Ort angemeldet ist. Auf der Webseite von
news.qq.vom erklärte ein Einwohnermeldeamt der Provinz Anhui, dass die Ein-Kind-Politik die Grundlage dieser Reglung sei.
Viele Internetnutzer
äußerten scharfe Kritik an diesen Auswüchsen der chinesischen
Geburtenkontrolle. Es sei beleidigend gegenüber den Frauen, verstoße gegen das
Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und Entscheidungsfreiheit. Selbst bei
gesetzlicher Geburtenkontrolle dürfen die Menschen nicht zu einer bestimmten
Methode gezwungen werden. Der Unmut der Menschen ist nicht zuletzt deshalb so
groß, da die Operation nicht risikofrei ist und viele Frauen anhaltende
körperliche Beeinträchtigungen erlitten haben.
Nach Erklärung von
news.qq.com sei es in China seit der Weltbevölkerungskonferenz im Jahr 1994
nicht mehr erlaubt, Menschen zu Verhütungsmaßnahmen zu zwingen. Dass die Praxis
immer noch so verbreitet ist, liege daran, dass die Quote der mit der Spirale
„sterilisierten" Frauen in vielen Regionen als Benchmark für die
Leistungsfähigkeit der Beamten herangezogen wird.
Am 5. Dezember 2012
reichten 13 Anwälte eine Petition beim für die Ein-Kind-Politik zuständigen
Regierungskomitee ein. Sie forderten die Frauen und die Entscheidungsfreiheit
der Bürger zu respektieren und sie nicht mehr zu diesem Eingriff zu zwingen.
Außerdem erklärten sie, dass die Ausstellung des „Hukou" ein Bürgerrecht
sei, das nicht an zusätzliche Bedingungen geknüpft werden dürfe.
Von Ying Hartmüller
http://www.epochtimes.de/china-zwangsmassnahmen-zur-durchsetzung-der-ein-kind-politik-1044129.html (20.05.2013)
DEUTSCHE WIRTSCHAFTS NACHRICHTEN (Online) 18.3.2013
Ein-Kind-Politik: 336 Millionen Abtreibungen in China seit 1971
Die Einführung der Ein-Kind-Politik hat in China in den
vergangenen 40 Jahren dazu geführt, dass 336 Millionen Abtreibungen und 196
Millionen Sterilisierungen durchgeführt wurden. Das Regime will nun die
Vorschriften lockern – zu spät für die überalterte Gesellschaft, sagen
Analysten.
Das Gesundheitsministerium in
Peking hat erstmals Daten zur Ein-Kind-Politik veröffentlicht. Demnach wurden
seit 1971 insgesamt 336 Millionen Abtreibungen vorgenommen. 196 Millionen
Sterilisierungen wurden durchgeführt, 403 Millionen Frauen wurden mechanische
Verhütungsmittel eingesetzt. Diese Praxis konnte in China oft nur mit Zwang
durchgeführt werden. Im Vergleich dazu ist die Zahl der Abtreibungen in den USA
wesentlich geringer: 50 Millionen Abtreibungen wurden hier seit der
Legalisierung im Jahr 1973 durchgeführt.
Die chinesische Führung hat
eingeräumt, dass die die chinesische Bevölkerung ohne die Geburten-Kontrolle um
30 Prozent größer wäre. Derzeit leben in China 1,3 Milliarden Menschen.
Für die chinesische Wirtschaft
hat diese Entwicklung gravierende Folgen. Der Anteil der arbeitenden
Bevölkerung schrumpft, China wird zum größten Seniorenheim der Welt.
Ken Peng, der die Daten für
BNP Paribas analysiert hat, sagte der FT: „Die Bevölkerung Chinas hat jetzt
mehr Ähnlichkeiten mit den entwickelten Ländern. Dadurch hat China einen
Nachteil in arbeitsintensiven Industrien.“
Bei seiner jährlichen Sitzung
hat das chinesische Parlament die Kompetenzen des Gesundheitsministeriums bei
der Bevölkerungs-Planung beschnitten. Beobachter erwarten, dass China die
Ein-Kind-Politik schrittweise in eine Zwei-Kind-Politik umwandeln will. Tests
dazu laufen bereits in einigen Städten.
Aber die Wende kommt zu spät:
Das Überalterungs-Problem wird dadurch bestenfalls um einige Jahre verzögert.
Außerdem regt sich Widerstand
im Establishment. Die FT zitiert einen chinesischen Funktionär mit dem
bemerkenswerten Ausspruch: „Die Idee, die Überalterung mit einer Steigerung der
Fruchtbarkeit zu überwinden ist so, also würde man Gift trinken, um den Durst
zu löschen.“
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/03/18/ein-kind-politik-336-millionen-abtreibungen-in-china-seit-1971/
(20.05.2013)
Süddeutsche.de (Online) 4.3.2013
Wirtschaft in China - Ein-Kind-Politik bremst den Konsum
Eigentlich sollte die Ein-Kind-Politik den
Wohlstand in China mehren: Wenn es weniger Bürger gibt, bleibt für jeden mehr
übrig, das war die Idee. Doch tatsächlich wirkt sich die Familienplanung
negativ auf den Konsum aus, meinen Wissenschaftler. Gebracht hat die radikale
Maßnahme nur Frauenraub und Prostitution.
Elf Jahre. Niemals hatte Long
Chahua in dieser Zeit die Hoffnung aufgegeben, sich aus der Gewalt ihrer
Entführer befreien zu können. Nach elf Jahren gelang es ihr. Sie rannte um ihr
Leben, weg aus jenem Dorf, in das sie als 16-Jährige verschleppt worden war, um
dort einen Fremden zu heiraten. Neun Jahre ist ihre Flucht schon her, aber bis
heute wagt sie sich nicht allein aus dem Haus. Zum gemeinsamen Essen in einem
Restaurant in Huaihua in ihrer Heimatprovinz Hunan begleiten sie ein Bruder und
drei Onkel. Vergessen ist unmöglich, weil sie zwei Kinder hinterlassen hat. Die
Familie des Vaters verhindert mit Gewalt, dass Kinder und Mutter ein
gemeinsames Leben führen. Aber die Polizei interessiert sich nicht für
Entführungen von Bauerntöchtern.
Das Schicksal von Long Chahua
ist kein Einzelfall. Entführungen von Frauen sind an der Tagesordnung. Sie
werden gezwungen, Männer zu heiraten, die sie nicht kennen, sie werden
geschlagen, vergewaltigt, gefügig gemacht, um Nachwuchs für eine fremde Sippe
zu gebären. Diese Hölle auf Erden ist vor allem das Resultat der
Ein-Kind-Politik in China, die ein massives Ungleichgewicht der Geschlechter
verursacht hat. Es gibt einen millionenfachen Männerüberschuss, weil Mädchen
abgetrieben oder als Säuglinge getötet werden. Wo Frauen knapp sind, greifen
manche Familien zu drastischen Mitteln, um den Fortbestand der eigenen Gene zu
sichern. Zumal Familien ohne Kinder verlacht und abschätzig behandelt werden.
Ursprünglich war die
Ein-Kind-Politik dazu vorgesehen, die Grundlage für wirtschaftlichen Wohlstand
für alle zu schaffen. Wenn ein Staat weniger Bürger ernähren muss, dann bleibt
für jeden ein bisschen mehr übrig, lautete das Kalkül. Seit 1982 ist die
Ein-Kind-Politik sogar in der Verfassung der Volksrepublik verankert. Es gibt
zwar zahlreiche Ausnahmen, die erklären, weshalb es Familien gibt mit mehr als
einem Kind. Grundsätzlich aber gilt: pro Frau ein Kind.
Soziale Sicherheit bedroht
"Wir wollen eine harmonische Gesellschaft, aber ohne
familiäre Harmonie wird das nicht zu realisieren sein", warnt der
Soziologe Zhang Yi von der Akademie der Wissenschaften in Peking. Der
Frauenmangel fördere die sexuelle Frustration der Männer und sorge für
zusätzliche Spannungen, die die soziale Sicherheit bedrohten. Zudem würden
Prostitution und Frauenraub massiv gefördert.
Der 50 Jahre alte Long Qiusheng aus dem Dorf Qiantancun
in Hunan zählt zu denen, die ohne Umschweife zugeben, dass sie sich eine Frau
kaufen würden. Er ist immer noch unverheiratet und seine Chancen, auf normalem
Wege eine Partnerin zu finden, tendieren gen null. Long verspürt kein Unrecht
bei dem Gedanken, sich eine fremde Frau gegen Bezahlung und gegen ihren Willen
zu verschaffen. Er will ja niemandem etwas Böses, sagt er. Er fürchtet
höchstens, dass er nicht genug Geld zusammensparen kann, um sich den Wunsch nach
einer Ehe doch noch zu erfüllen.
Guangguncun, Junggesellendorf, wird sein Heimatort in den
Bergen genannt. Es ist nicht das einzige Dorf, das den Titel trägt. Es gibt
etliche davon, verstreut fast über das ganze Land. In Qiantancun leben etwa 600
Menschen weit weg von den pulsierenden Küstenregionen oder den Metropolen, wo
es Arbeitsplätze gibt und die Auswahl an Frauen viel größer ist. In den 130
Familien leben 50 unverheiratete Männer im Alter von 30 bis 50 Jahren. Auf dem
Land ist es sonst üblich, mit Anfang, spätestens mit Mitte 20 zu heiraten.
Die Folgen des Frauenmangels sind bis weit über die
Landesgrenzen hinaus zu spüren. Die Wissenschaftler Zhang Xiaobo und Wei
Shangjin vom Internationalen Food Policy Research Institute (IFPRI) in
Washington untersuchen seit einer Weile die Auswirkungen der Familienplanung
auf den Binnenkonsum in China. Der zählt zu den großen Schwachpunkten des
chinesischen Wirtschaftsmodells, das stark von Exporten und Investitionen
abhängig ist.
Frauenmangel führt zu Sparsamkeit
Die Regierung spricht seit Jahren davon, den Konsum
fördern zu wollen. Tatsächlich sind die sparsamen Chinesen in den vergangenen
Jahren spendierfreudiger geworden, weil die durchschnittlichen Einkommen
gestiegen sind. Doch der Konsum ist längst nicht stark genug, um massive
Ausfälle bei den Exporten kompensieren zu können. Das Problem trägt zum
gewaltigen Handelsüberschuss der Chinesen bei, das wiederum für ein
Ungleichgewicht im Welthandel verantwortlich gemacht wird.
"Eine Lockerung der Ein-Kind-Politik wird dabei
helfen, die chinesische Wirtschaft ins Gleichgewicht zu bringen", erklärt
Wissenschaftler Zhang. Die Theorie lautet, dass der Frauenmangel die
Sparsamkeit vieler Familien fördert, um den Söhnen im knallharten Kampf um eine
Ehepartnerin eine möglichst attraktive Mitgift geben zu können. Zudem würden
viele Familien in den Bau neuer Häuser investieren, die bei der Brautschau
helfen sollen. "Diese Anlageinvestitionen zügeln den Konsum", so
Zhang.
Trotz aller Probleme hat die Regierung aber angekündigt,
an der Ein-Kind-Politik zunächst festzuhalten. Nach eigenem Bekunden seien so
400 Millionen Geburten verhindert worden. Unabhängige Wissenschaftler
bezweifeln diese Zahlen, weil sie linear gerechnet wurden. Sie halten die
wirtschaftliche Entwicklung des Landes in den vergangenen 30 Jahren für ein
ausreichendes Gegengewicht, das die Geburtenrate natürlich gedrosselt hätte,
ohne dass es zu einem Männerüberschuss hätte kommen müssen.
Von Marcel
Grzanna
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirtschaft-in-china-ein-kind-politik-bremst-den-konsum-1.1614782 (21.05.2013)
KURIER (Online) 15.7.2012
Das
Festhalten an den rigorosen Vorgaben hat schlimme Folgen. Die Einzelkinder
werden verhätschelt, die Bevölkerung vergreist.
Yang Zhi Zhu gestikuliert mit den Händen:
"Ich halte die Regelung für gesetzeswidrig. Die Behörden sprechen von
Familienplanung, meinen aber Abtreibung", ereifert sich der 42-Jährige.
Dass der chinesische Staat das Bevölkerungswachstum kontrolliert und mit der
Ein-Kind-Politik ins Privatleben hineinregiert, will der ehemalige
Jus-Professor nicht hinnehmen. "Der Staat hat kein Recht, so über den
Körper einer Frau zu bestimmen."
Yang Zhi Zhu steht in seiner Pekinger Küche
und hackt Karotten. Die Wohnung ist klein, aber sauber. In jedem Zimmer sind
die Wände mit Kritzeleien bemalt. Obwohl viele Chinesen die Ein-Kind-Politik
ablehnen, fordern nur die wenigsten den Staat offen heraus. Yang Zhi Zhu hat es
gemacht.
Bis vor Kurzem führte er ein ganz normales
Leben. Vor acht Jahren hat er geheiratet, 2006 wurde seine Tochter Ruoyi
geboren. Eine glückliche Familie. Doch als Yangs Ehefrau Chen Hong erneut
schwanger wurde, bekam die Familie Probleme. Denn die Funktionäre von Chinas
staatlichem Amt für Familienplanung verlangten von Yangs Ehefrau, das Kind
abtreiben zu lassen. "Aber ich wollte keine Abtreibung", sagt sie mit
leiser Stimme. "Ich wollte das Baby unbedingt behalten."
Geburtenbeschränkung seit 1979
Um das Bevölkerungswachstum zu bremsen,
führte Chinas Regierung 1979 die Geburtenbeschränkung ein. Bis auf wenige
Ausnahmen abgesehen dürfen chinesische Paare seither nur ein Kind zur Welt bringen.
"Alles wurde streng überwacht und umgesetzt", erinnert sich Zhang Shu
Chen, die bei Einführung der Familienpolitik Mitte zwanzig war. "Sie
fragten einen aus und schrieben alles auf: Ob man verheiratet war, ob man schon
ein Kind hatte, ob man die Spirale trug, wer sie eingesetzt hatte und
wann."
Zur Abtreibung gezwungen
Während der vergangenen Jahrzehnte wurden
viele Frauen in China nach der Geburt des ersten Kindes sterilisiert. Andere
mussten abtreiben, oft auf grausige Art. Auch Zhang Shu Chen wurde nach der
Geburt ihres ersten Kinder erneut schwanger. Die heute 58-Jährige wird nie
vergessen, wie sie von staatlichen Funktionären ins Krankenhaus gebracht wurde:
"Die Ärzte benutzten für die Abtreibung keine Schmerzmittel. Es war schrecklich.
Vor dem Krankenhaus wartete mein Mann mit seinem Fahrrad. Ich hab mich dann
stumm auf seinen Gepäckträger gesetzt, und er hat mich heimgeradelt."
Chinas Behörden sind beim Thema
Geburtenbeschränkung unerbittlich. Auch Yang Zhi Zhu und seine Frau bekamen vor
der Geburt des zweiten Kindes massiven Druck von den Behörden. Doch das Ehepaar
dachte nicht daran, sich zu beugen. Chen Hong brachte gegen den Willen der
Funktionäre eine zweite Tochter zur Welt. Die aber reagierten umgehend und
gnadenlos: Yangs Stelle als Professor wurde gekündigt. Seither lebt er von
Gelegenheitsjobs.
Viel mehr Burschen
Dreißig Jahre Ein-Kind-Politik haben in
China Spuren hinterlassen. Mittlerweile auch demografische: Weil Chinas Bauern
traditionell einen Stammhalter bevorzugen, wurden vor allem auf dem Land
weibliche Föten getötet. Unter jungen Chinesen gibt es bereits jetzt 30
Millionen mehr Buben als Mädchen. Bis 2020 dürften 50 Millionen Männer im
heiratsfähigen Alter Schwierigkeiten haben, eine Frau zu finden – weil es
schlicht zu wenige gibt.
Viele Einzelkinder sind während der
vergangenen Jahre überversorgt und umhätschelt worden. So auch die 26 Jahre
alte Cao Ling. Sie musste nie bei der Hausarbeit mithelfen, nie kochen oder
einkaufen. Bis sie als Studentin von zu Hause auszog, schlief Cao Ling sogar
mit ihrer Oma in einem Bett: "Im Winter ist die Großmutter zuerst unter
die Decke geschlüpft und hat meine Seite gewärmt, dann erst hat sie sich auf
ihre Seite gelegt", erzählt die junge Frau. "Beim Essen hat sie mir
immer das Beste gegeben."
Weil sie immer im Mittelpunkt standen,
werden die Einzelkinder heute als "kleine Kaiser" bezeichnet.
Experten beobachten längst die negative Auswirkungen dieser Erziehung: Viele
Einzelkinder sind unselbstständig und können ihr Leben nur schwer gestalten.
Auch Cao Ling wirkt fern der Heimat ein wenig verloren. Sie tut sich schwer bei
der Jobsuche. "Ich bin verwirrt. Mein Leben zu Hause war immer so leicht,
aber jetzt, hier in Peking, ist alles kompliziert."
Chinas überversorgte Einzelkinder haben es
schwer, sich in der Gesellschaft durchzusetzen. Das aber sollten sie rasch
lernen. Auf die junge Generation kommt in den nächsten Jahren eine gewaltige
Herausforderung zu: Die Versorgung der Alten. Mehr als 13 Prozent der
Bevölkerung sind heute über 60 Jahre alt, 185 Millionen Menschen. 2050 werden
es 500 Millionen sein. "Aber das staatliche Rentensystem steht erst am
Anfang", sagt Du Peng, Professor für Gerontologie an der Soziologischen
Fakultät der Pekinger Volksuniversität.
Renten reichen nicht
Weil die Renten nicht ausreichen, sind die
Alten auf die Hilfe der Familien angewiesen. Chinas "kleine Kaiser"
werden in den kommenden Jahre ihre Eltern versorgen müssen. Aber wie? "Ich
bin Einzelkind, meine Frau ebenso", sagt etwa Qin Wan Qie. "Wir haben
ein Kind. Und wir beide sollen uns jetzt um unsere vier Elternteile kümmern, um
uns selbst und um unsere eigene Tochter. Noch kriegen wir das alles irgendwie
hin, weil unsere Eltern noch fit und gesund sind. Aber was sollen wir machen,
wenn der Erste ein Pflegefall wird?"
Die Versorgung der Alten wird in den
kommenden Jahren eines der drängendsten Probleme Chinas. Auch deswegen legen
viele Eltern so viel Wert auf die Ausbildung des Nachwuchses. "Ob ich im
Alter versorgt werde, hängt auch vom späteren Einkommen meines Kindes ab",
sagt etwa Manlin Xiong, Mutter einer vier Jahre alten Tochter: "Was
passiert, sollte ich einmal schwer krank werden?" Die 38 Jahre alte Mutter
kennt die Realität in China, kennt den Konkurrenzkampf. Damit ihre Tochter für
die künftigen Herausforderungen gewappnet ist, trimmt Manlin Xiong sie
permanent auf Leistung. Mit vier Jahren lernt Ze Yue schon Klavier. Sie kann
einfache Sätze auf Englisch sagen und meistert bereits erste Rechenaufgaben.
Von Silke Ballweg
Die Welt (Online) 9.5.2013
Das aufregendste Ereignis seit Schaffung des Euro"
China macht Ernst mit der Internationalisierung
seiner Währung: 2017 dürfte der Coup kommen, der die globalen Finanzmärkte
umwälzen wird. Für Peking geht es dabei um Macht, sagt eine Finanzexpertin. Von
Frank Stocker
Ihre Eltern waren einst
enttäuscht, dass sie "nur" eine Tochter bekommen hatten. Denn als
Rongrong Huo geboren wurde, war in China bereits die Ein-Kind-Politik in Kraft,
und Söhne gelten auch heute noch als Stammhalter und werden entsprechend
verhätschelt.
Huo musste es dagegen allen
beweisen, und das tut sie. Mit 28 Jahren ist sie bereits bei der Großbank HSBC in London für das Renminbi-Geschäft zuständig. Mit großem
Selbstbewusstsein und viel Fachkenntnis erklärt sie, warum die Währung Chinas
in den kommenden Jahren die gesamte Finanzwelt umkrempeln wird.
Rongrong Huo
Gekürzt. http://www.welt.de/finanzen/article116028950/Das-aufregendste-Ereignis-seit-Schaffung-des-Euro.html (19.05.2013)
ZEIT ONLINE 9.5.2013
Ein-Kind-Politik: Chinesische Behörden überprüfen die Kinderzahl eines Star-Regisseurs
Hat der Regisseur Zhang Yimou mehr als ein Kind? Diese
Frage sorgt in China für Aufregung. Denn einen Verstoß gegen die
Ein-Kind-Politik erlauben sich oft nur Reiche.
Hat Chinas Star-Regisseur Zhang Yimou zu viele Kinder? Verschiedene Medien kolportierten in den vergangenen
Tagen Gerüchte, laut denen der Filmemacher bis zu sieben Kinder mit vier Frauen
haben soll. Das für Zhang Yimous Familie zuständige Familienplanungsamt
überprüft nun die Vorwürfe. "Wir fangen an, den Informationen
nachzugehen," sagte eine Sprecherin der Behörde. Es werde aber noch nicht
formell wegen des Verstoßes gegen die Ein-Kind-Politik ermittelt.
Im Internet waren Kopien der Wohnortanmeldungen von drei
Kindern aufgetaucht, die der international bekannte
Regisseur angeblich mit seiner heutigen Frau, der Schauspielerin
Chen Ting (32), bekommen haben soll, bevor das Paar im Jahr 2011 geheiratet
hat. Ob diese Dokumente echt sind, ist allerdings unklar.
Die Zeitung Shanghai Daily berichtete unter Berufung auf Bekannte des Regisseurs, das Paar habe zwei
Söhne und eine Tochter. Ferner soll der 61-Jährige mit seiner ersten Frau Xiao
Hua eine Tochter haben.
Die Abendzeitung Chongqing
Wanbao zitierte ebenfalls einen Informanten im Bekanntenkreis des
Paares. Demzufolge habe Chen Ting einmal erwähnt, dass ihr Ehemann Zhang Yimou
"zwei Töchter mit einer Frau und einen Sohn mit einer weiteren Frau"
habe. Für den Fall, dass sich die Vorwürfe erhärten, errechneten Experten
bereits potenzielle Geldstrafen von bis zu 160 Millionen Yuan, umgerechnet etwa
20 Millionen Euro, für den möglichen Verstoß gegen die Ein-Kind-Politik des
Landes.
Die Staatsagentur Xinhua berichtete, dass der Ermittlungsbericht der Familienplanungsbehörde in
Wuxi in der Provinz Jiangsu, wo Chen Ting ihren Wohnsitz hat, "bald"
veröffentlicht werden soll. Das Amt dementierte diese Meldung jedoch.
Die Spekulationen über Zhang Yimous Familienverhältnisse
verbreiteten sich in kürzester Zeit in sozialen Netzwerken wie den twitterähnlichen
Weibo-Diensten. Die Ein-Kind-Politik in China
ist wegen Missbrauchs und Ungerechtigkeiten schon lange heftig umstritten. Sie
wurde Ende der Siebziger Jahre in China eingeführt, um eine
Bevölkerungsexplosion zu verhindern. Doch in der Bevölkerung herrscht schon
lange der Eindruck, dass wohlhabenden Chinesen ein Verstoß gegen die strenge
Kindergesetzgebung schnell nachgesehen wird. Reiche Bürger zahlen einfach die
Strafen oder finden andere Wege, um mehr Kinder zu haben.
Es gibt aber allerdings auch Ausnahmen für Minderheiten,
Bauern oder Abkömmlinge von Ein-Kind-Familien. Offiziellen Angaben zufolge ist
nur noch ein Drittel der Chinesen von den ursprünglich strengen Beschränkungen
betroffen.
Auch auf der Berlinale erfolgreich vertreten
Zhang Yimou ist unter anderem für die Inszenierung der Eröffnungs- und
Schlussfeier der Olympischen Spiele 2008 in Peking bekannt. Kritiker bezichtigten ihn deswegen wiederholt der zu
großen Nähe zur kommunistischen Regierung.
Er hat mehrfach Auszeichnungen für seine Werke erhalten,
unter anderem bei den Filmfestivals in Berlin, Cannes und Venedig. Er ist bekannt für Filme wie Rotes Kornfeld, Rote Laterne, Hero oder House of Flying Daggers. Sein letzter Film The
Flowers of War mit Hollywood-Star Christian Bale spielt zur Zeit
der japanischen Besatzung von Nanjing.
Die Welt (Online) 14.5.2013
Fünfjähriger Chinese fordert Asyl wegen Ein-Kind-Politik
Ein fünfjähriger
Chinese begehrt vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht Asyl. Als zweites Kind
seiner Eltern würde er in China im Fall einer
Abschiebung Opfer der Ein-Kind-Familienplanung werden, erklärte sein Anwalt. Er
würde nur wenige Jahre die Schule besuchen dürfen und ihm würde keine
öffentliche Gesundheitsvorsorge zustehen.
Bei der
Verhandlung des Falls am Montag tauchten aber Zweifel an den Angaben der Eltern
auf: Für den erstgeborenen Sohn, den sie angeblich in China zurückgelassen
haben, kursierten verschiedene Namen. Auch Geburts- und Hochzeitsdaten
variierten. Schließlich räumte der Vater des Fünfjährigen ein, unter falschem
Namen in Deutschland zu leben.
Die Asylbegehren
der Eltern sind bereits 2003 abgelehnt worden. Wegen fehlender Ausweisdokumente
können sie aber seit zehn Jahren nicht abgeschoben werden. Vermutlich wegen der falschen Namen konnte die
chinesische Botschaft keine neuen Ausweise ausstellen. Eine Entscheidung will
das Gericht in der kommenden Woche verkünden.
KURIER (Online) 21.5.2013
. Mehr als 200 Millionen chinesische Singles sollen unter die Haube, Eltern suchen auf dem Heiratsmarkt.
Mehr als
200 Millionen chinesische Singles sollen unter die Haube, Eltern suchen auf dem
Heiratsmarkt.
Wer an die romantische Liebe glaubt, dem muss der Zhong
Shan Park in Peking wie ein Vorhof der Hölle erscheinen. Wie jeden Sonntag sind
rund eintausend Mütter und Väter gekommen. Es geht zu wie auf einem Flohmarkt.
Nur dass hier statt altem Plunder die eigenen Kinder feilgeboten werden.
Die meisten Eltern haben ein weißes Papier vor sich auf
den Boden geklebt. Frau, geboren 1987, 165 cm groß, 54 Kilo, Hochschulabschluss
steht etwa auf einem Zettel. Nur Männer mit Eigentumswohnung akzeptiert,
fordert ein Vater für seine Tochter ein paar Meter weiter.
Andere Chinesen, viele mit Stift und Notizblock in der
Hand, gehen langsam vorüber und studieren die Angaben. Sie stellen einmal hier
eine Nachfrage, schreiben sich da einmal etwas auf. Die Kuppelei ist eine
ernste Angelegenheit: „Ich komme schon seit fast zwei Jahren hierher, aber es
gibt einfach zu viele Frauen“, stöhnt ein Pekinger Vater einer Tochter: „Viele
Wanderarbeiter vom Land wollen ihre Töchter an einen Hauptstädter verheiraten.
Deswegen gibt es hier so viele Frauen. Junge Männer dagegen sind selten.“
Überall in China finden am Wochenende solche
Kuppel-Märkte statt. Vor allem in Metropolen wie Peking, Schanghai oder
Guangzhou. Wegen der staatlich verordneten Familienplanungspolitik haben die
meisten Eltern nur ein Kind. Und viele wollen für den Nachwuchs das Gleiche:
„Frauen suchen traditionell einen Partner, der über ihnen steht, sowohl
altersmäßig als auch in Bezug auf die Ausbildung“, sagt Qiao Xiaochun,
Professor für Bevölkerungsentwicklung an der renommierten Peking Universität,
der das Phänomen seit Jahren beobachtet. „Männer hingegen wollen eine jüngere
Frau, die ihnen auch ökonomisch unterlegen ist.“
Mehr als neunzig Prozent der erwachsenen Chinesen sind
verheiratet. Singles sind selten und werden in der Gesellschaft komisch
angeschaut. Bis Mitte, spätestens Ende zwanzig sollte eine Frau unter der Haube
sein.
Doch Chinas Modernisierung bringt die Beziehungsanbahnung
aus dem Gleichgewicht. Denn immer mehr gut ausgebildete Frauen leben in den
Städten. Wenn sie sich bei der Partnersuche nun nach oben orientieren, dann
sind da nicht viele passende Kandidaten. „Und je älter die Frauen werden, desto
geringer wird die Chance, einen Mann zu treffen, der noch nicht vergeben ist“,
sagt Qiao Xiaochun.
Unter Druck
Viele Eltern machen ihren Kindern deswegen schon mit
Anfang zwanzig Druck. Auch moderne, offene Chinesen müssen die Kuppelei über
sich ergehen lassen. Etwa Li Danwei. Die 24-Jährige hat in Peking studiert, sie
hat internationale Freunde und ist schon öfter ins Ausland gereist. Trotzdem
stellte ihr die Familie kürzlich einen möglichen Ehemann vor: „Wir haben uns ein
bisschen unterhalten, und hinterher wollte er gleich von meiner Tante wissen,
was ich für ihn empfinde“, erzählt sie. „Ich habe gesagt, dass ich ihn
sympathisch finde, aber dass ich nach nur einem Treffen keine Gefühle habe.“
Das reichte dem jungen Mann nicht. „Er hat sich dann nicht mehr gemeldet.“
Männerüberschuss
Die Partnerwahl in China stellt auch die Bauern vor große
Herausforderungen. Allerdings mit gegensätzlichen Kennzeichen. Auf dem Land
herrscht Männerüberschuss. Das liegt vor allem an der staatlich verordneten
Ein-Kind-Politik. Denn weil die Bauern traditionell einen männlichen
Stammhalter bevorzugen, haben sie während der vergangenen Jahre Millionen
weiblicher Föten abgetrieben. Heute kommen auf 100 Frauen 117 Männer.
Schätzungen zufolge sind 20 Millionen Chinesen zu einem
Junggesellen-Dasein verdammt. „Sie haben kein Sexualleben, viele sind einsam
und müssen die eigenen Eltern pflegen, wenn sie alt und gebrechlich werden“,
mahnt Qiao Xiaochun.
In den Grenzregionen zu den noch ärmeren Ländern Laos und
Vietnam kaufen Männer bereits seit Jahren Frauen von der anderen Seite der
Grenze. In anderen Regionen ist es üblich, dass sich mehrere Brüder eine Frau
teilen. Doch all das kann die Nachfrage nicht stillen: „Wir fürchten, dass die
ledigen Männer aggressiv werden“, sagt Qiao Xiaochun von der Volksuniversität.
„Und dass mehr und mehr Frauen vergewaltigt werden könnten.“
Auf dem Pekinger Heiratsmarkt geht die Suche unterdessen
weiter. Wo ein attraktiver Mann im Angebot ist, bildet sich meist eine Menschentraube.
Was arbeitet er? Hat er ein Auto? Eine Eigentumswohnung? Viele Eltern fragen
ungeniert nach.
Auch für Li Danweis Familie sind die materiellen
Voraussetzungen des künftigen Ehemannes wichtig. Die Verwandten liegen der
24-Jährigen täglich mit dem Thema Heirat in den Ohren. Noch findet sie sich für
eine Hochzeit zu jung, gleichzeitig aber lastet der Druck der Verwandten schwer
auf ihr. „Wie soll ich den Richtigen finden? Ich arbeite und habe gar nicht so
viel Zeit“, stöhnt die 24-Jährige.
Immerhin hat sie einen ersten Ausweg gefunden und sich
soeben für einen Tanzkurs angemeldet. Ein bisschen Abwechslung nach Feierabend
kann nicht schaden, meint sie. Und vielleicht trifft sie dort ja endlich Mister
Right.
Von Silke Ballweg
http://kurier.at/politik/ausland/200-millionen-chinesische-singles-sollen-unter-die-haube/13.191.942 (21.05.2013)
„FRÖSCHE“-Mo Yan
Ich will nun den berühmtesten Roman zum Thema
„Ein-Kind-Politik“ vorstellen und seinen Inhalt kurz zusammenfassen: Das Buch „Frösche“
von Mo Yan, der für dieses Werk 2012 den Literaturnobelpreis erhielt.
Als erstes will ich anmerken, dass der Roman sehr umstritten ist. Die
Diskussion beziehen sich jedoch keineswegs auf seinen Schreibstil, sondern auf
seine vielkritisierte politische Einstellung. Seine Einstellung, die er in den
Büchern wiedergibt wird vom Staat durchaus unterstüzt, obwohl er über kritische
politische Themen spricht weswegen ihn viele als Staatsdichter bezeichen, was
er durchaus auch durch seine Aussage unterstreicht. Er erzählte, dass als der
Kaiser auf Beethoven und Goethe traf, blieb Beethoven trotzig und erhobenen
Hauptes stehen, doch machte Goethe Platz, verbeugte sich und zog den Hut. Als
junger Mann, so Mo Yan, habe er Beethovens Reaktion bewundert, doch seit er
über fünfzig Jahre alt sei, gelte sein ganzer Respekt dem Verhalten Goethes.
Andere sehen ihn jedoch als großen Kritiker, wie z.B. ein Journalist der
Süddeutschen Zeitung der mit folgenden Worten ihn als alles andere als einen
Staatsdichter beschreibt:
Seltsam, dass man diesen Nobelpreisträger für einen
Staatsdichter halten konnte. "Frösche" vom Chinesen Mo Yan ist ein
heiterer wie abgründiger Roman über die revolutionäre Zerstörung einer Kultur,
über viel mehr als die Ein-Kind-Politik, belehrend und erschütternd zugleich.
Ulrich Baron
Nun jedoch habe ich mehr als genug zu dem Autor gesagt und
will nun zu dem Inhalt kommen.
Es handelt von einem Schüler, der über seine Tante Gugu, die
als Hebamme arbeitet, als die Ein-Kind-Politik eingeführt wird, schreibt und
die Fortschritte seines Buches immer wieder einem Lehrer mitteilt. Die Tante
arbeitet und sich aus Angst sich der Regierung
zu wiedersetzen nicht gegen, dass Gesetz auflehnt und sich stets
Interessen anderer höhergestellten Personen vertritt, auch wenn dann ihr
Handeln durchaus nicht ihrer Moral und Denkweise entspricht. So ist sie, da sie
ihre Karriere nicht schwäche will, verantwortlich für Zwangsstiralisierungen
und Abtreibungen. Sie bekommt erst im hohen Alter Gewissensbisse und macht sich
Vorwürfe wegen ihres Handelns. Sie versucht sich von ihrer Schuld
reinzuwaschen…
Ein Kind ist gut, zwei Kinder sind
korrekt, drei Kinder schlecht."
"Eine neue Epoche ist angebrochen! Mann und Frau sind gleich."
"Eine neue Epoche ist angebrochen! Mann und Frau sind gleich."
(aus die Frösche, Parole für die
Ein-Kind-Politik)
Ich habe mir noch die Frage gestellt, wieso die chinesische Regierung mit Mo Yans Buch
„Frösche“ „einverstanden“ ist obwohl es meiner Meinugn nach sehr anstößig ist
und habe keinen gute Erklärung gefunden, doch habe ich gelesen dass Mo Yan in
seinen Büchern, der er davor geschrieben hat durchaus nicht wirklich anstößig
war, sondern ganz im Gegenteil ihm ein halizionärer Realismus, in den er sich
flüchtet, unterstellt war. Das bedeutet, dass „Frösche“ sein erstes Buch ,dass
die Regierung kritiesiert ist, in diesem Fall kann ich mir ihre Reaktion nur,
dadurch erklären, dass ihnen wichtiger war den ersten chinesischen
Literaturnobelpreisträger zu haben, als dass Buch als Angriff auf die Politik
zu sehen.
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