Prosa in der Ich-Form
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Ich öffnete
das Fenster gerade so weit, dass ein fadendünner Lichtstrahl an Liz Schläfe
entlang quer über ihre Wange sanft auf ihren leicht geöffneten Lippen lag. Ich
hätte nicht gewagt die verdunkelnden Scheiben weiter auseinander zu ziehen, sie
zu stören wäre schmerzend gewesen. Ich zündete mir eine Zigarette an. Das
Feuer, rot und schwer, wirkte wie ein Einbrecher, der das morgenblaue Licht
stören und so den Raum seiner Ruhe bestehlen würde. Es war der unerwünschte
Gast. Genauso wie ich. Ich war, obwohl fixer Bestandteil der Szenerie, von
einem Gefühl der Überflüssigkeit, beinahe Zwecklosigkeit erfüllt. Zu klein und
unbedeutend für dies gottesähnliche Bild, eine Störenfried der einer Sirene
vergebens versuchte nahe zu kommen. Liz Körper formte die weißen Decken. Alles
schien wie im Fluss. Wie gemalt mit dünnem Pinsel und viel weichem Wasser. Ihre
Lider verborgen ihre fokussierten kritischen Augen. In ihr war Ruhe. Sie
erfüllte den ganzen Raum mit Ruhe. Ihr Raum. Der nur da war, um ihr als Kulisse
zu dienen. Dessen Funktion sie zu umgeben darstellte, sein Sinn vergehend,
sobald sie ihn verließe. Und ich. Ein Verrückter. Ein Hochstapler. Ein Mann,
der sich der unwiderstehlichen Illusion hingab, ihr nahe sein zu können. Zu
dürfen. Wir waren an einem Fluss gestanden. Sein Ende hatte der Nebel
geschluckt. Tief hang er über unseren Köpfen. Wir hielten uns umschlossen, die
Köpfe geduckt, als würden wir die Decke aus Dampf und Wasser, die über uns
gelegt wurde, schon drückend auf uns spüren. Siehst du wie lang der Fluss ist?
Flüsternd blickte sie an mir vorbei. Ihr Wörter. Die dünnen behutsam
gesponnenen Fäden, die ich gerade noch ergriff bevor der Wind sie in die Ferne
trug. Nein. Nein, ich sah nicht wie lang er war. Das Ende lag im Nebel. Und
doch weißt du über seine Existenz, nicht wahr? Doch wissen wir, dass in weiter,
weiter Ferne gewiss ein Ende ist. Das zu wissen ist das Schmerzvollste,
unerträglich. Ich spürte ihre Träne, wie sie kalt auf meinen Handrücken
tropfte. Dort verschwand sie. Ich konnte sie verschwinden lassen. Das dachte
ich damals. Und so wollte ich, durch meine Berührungen alle Tränen verschwinden
lassen. Dachte ich kann. Vergaß, was sie eigentlich gesagt hatte. Hatte sie
gehört, ohne ihr wirklich zuzuhören. Hatte verabsäumt die körperliche Scheinnähe
durch eine Wahre zu ersetzen. Und so stand ich in dem Zimmer. Im Glauben Nähe
zu besitzen. Im Glauben an die Möglichkeit einer unbegrenzten. Hätte ich ihr
doch zugehört, vielleicht hätte ich früher verstanden, Botschaften aus der
leeren Hülle, die Wörter bildeten, gerissen und verinnerlicht. Hätte ich, dann
wäre…
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